Donnerstag, 5. Januar 2012

Forscher sind einem Mythos auf der Spur

Forscher fanden im Amazonas-Gebiet ein System
von Gräben -  es könnte sich um Spuren des
sagenumwobenen El Dorado handeln
(Foto: dpa)
An das sagenumwobene El Dorado mag die brasilianische Wissenschaftlerin Denise Schaan nicht so recht glauben. Und das, obwohl sie und ein Team von Archäologen in Brasiliens Bundesstaat Amazonas immer mehr Hinweise finden, die auf eine fortgeschrittene Zivilisation deuten. Sie lassen den Schluss zu, dass dort vor mehr als 1000 Jahren ein Volk lebte, das über ein ausgeklügeltes Straßensystem verfügte und systematische Siedlungsstrukturen anlegte.


Mehr als 260 geometrische Figuren, sogenannte Geoglyphen, identifizierten die Forscher bislang mit Hilfe von Satellitenbildern und Aufnahmen aus dem Flugzeug. Der lange undurchdringliche Regenwald gab die Zeugnisse der Vergangenheit erst mit der fortschreitenden Entwaldung im Amazonasgebiet preis.

Kreise, Rechtecke und Linien

"Es war bislang nahezu unmöglich, diese Geoglyphen zu sehen, weil sie vom dichten Wald verdeckt wurden", sagt die Archäologin Schaan von der Universidade Federal do Pará in Belém. Dann wurde ihr Kollege Alceu Ranzi auf geografische Figuren aufmerksam, und ihm war schnell klar, dass die zwischen 100 und 300 Meter großen Kreise, die Rechtecke und Linien menschengemacht sein müssen. Die ersten Figuren wurden schon Ende der 1990er Jahren in dem Gebiet nahe der Grenze zu Bolivien entdeckt. 2005 stießen Schaan und ein finnischer Archäologe hinzu und gemeinsam mit Ranzi machten sie sich an die Auswertung der Luftaufnahmen.

Auf der Suche nach El Dorado (Karte: dpa)

Zivilisatorische Leistung

Zunächst machte Ranzi aus dem Flugzeug Fotos. Dann analysierten die Forscher systematisch Bilder von "Google-Earth", und als diese Möglichkeit ausgeschöpft war, stellte die Regierung ihnen Aufnahmen von Satelliten zur Verfügung, die die fortschreitende Zerstörung des brasilianischen Regenwaldes dokumentieren und kontrollieren sollen. Sichtbar wurden vor allem angelegte Gräben. Die bis zu einem Meter hohen Erdwälle waren auf den Bildern nur schwer zu erkennen. Aber für die Forscher ist klar, dass dies eine zivilisatorische Leistung ist. Die Geoglyphen sind auf eine Länge von rund 250 Kilometern im Bundesstaat Acre verteilt.

Tausende folgten dem Ruf des Goldes

Die Gräben weisen eine Systematik auf, viele Wege führen direkt zu Flüssen. "Zudem sind viele der Gräben annähernd gleich groß und etwa elf bis 11,5 Meter breit", sagt Schaan. "Wir vermuten, dass sie von Arawak-Indios angelegt wurden." Es müssen Zehntausende Menschen dort gelebt haben. "Zwischen 200 nach Christi Geburt und Ende des 13. Jahrhunderts", schätzt Schaan die Zeit ihrer Entstehung. "Aber ich glaube nicht, dass dies etwas mit El Dorado zu tun hat", fügt sie gleich hinzu. Die spanischen Konquistadoren wähnten dieses sagenumwobene Goldreich viele Jahrhunderte später in Südamerika und Tausende Abenteurer folgten auf der Suche nach Reichtum dem Ruf der Legende, fanden aber meist nur das Verderben.

Forscher verschwand spurlos

Die Suche nach einer verschollenen Zivilisation trieb auch den britischen Forscher Percy Harrison Fawcett Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder in den brasilianischen Urwald. Ihm hatte man von einer versunkenen Stadt erzählt, die er kurzerhand Z taufte. Fündig wurde er nie. Er verschwand 1925 spurlos bei einer Expedition. Seine Geschichte wird verfilmt und soll als "Lost City of Z" mit dem US-Schauspieler Brad Pitt in der Hauptrolle in die Kinos kommen.

Nur ein Bruchteil entdeckt

Vielleicht finden die Forscher um Ranzi und Schaan einige Antworten auf die brennenden Fragen ihres britischen Kollegen von damals. Schaan glaubt, dass bislang nur ein Bruchteil der Überreste entdeckt wurden und vermutlich noch mehr als 1000 solcher geometrischen Strukturen zu entdecken sind. "Solche Figuren gibt es mit Sicherheit auch noch in anderen Gebieten, wo wir überhaupt nicht gesucht haben."

Was ist dran an den Legenden?

Auch die heutigen Wissenschaftler haben noch viele Fragen: "Was bedeuten diese Kreise und Rechtecke genau? Wozu wurden sie genutzt? Haben sie eine symbolische Bedeutung? Wie war die Vegetation zu dieser Zeit? War das Gebiet damals mit Regenwald bedeckt oder war es vielleicht Savanne?" Um all diese Fragen zu beantworten, wollen die Forscher nun einige der noch im Regenwald liegenden Geoglyphen freilegen, weil sie hoffen, dass sie dort besser erhalten sind. Vielleicht gibt der Amazonas nach Jahrhunderten ja doch noch eine Antwort darauf, ob die Abenteurer von damals nur einem Mythos hinterherjagten oder ob etwas dran ist, an den Legenden um eine versunkene Stadt, sei es nun El Dorado oder Z.

Quelle: http://nachrichten.t-online.de
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