Freitag, 17. Oktober 2014

Aus dem Buch "Demokratischer Abbruch" von Daniela Dahn (für globale, unabhängige und aufklärerische Medien)

Die Welt braucht ehrliche globale TV Sender, die ethische Interessen wie Frieden, Einigkeit, Menschenrechte, Freiheit, Gerechtigkeit, Liebe, Toleranz, Solidarität, Moral und vor allem Aufklärung vertreten. Denn die meisten Menschen bilden sich ihre Meinung durch Fernsehen. Aber was sehen sie dort? Hauptsächlich Gewalt, Reklame und einseitige Informationen.

Sechs große Medienkonzerne beherrschen den Weltmarkt der bewegten Bilder. Der größte von Ihnen ist Time Warner. Dieser Konzern besitzt Film- und Musikprokuktionen, Verlage und - das Wichtigste - CNN. Cable News Network für Fernsehen und Radio wurde 1980 von Ted Turner gegründet. Inzwischen kann man CNN in 212 Ländern in allen wichtigen Sprachen empfangen. In Deutschland zum Beispiel gibt es ein zu CNN gehörendes Programm, das sich n- tv nennt. CNN verbreitet die Nordamerikanische Sicht auf die Welt. Und die anderen privaten TV- Sender sind diesem Profil sehr ähnlich. Patriotisch im Regierungssinn, unkritisch, die amerikanische Vorstellung von Weltbeglückung. Der ursprüngliche Anspruch, durch Weltnachrichten etwas für die Völkerverständigung zu tun, blieb unerfüllt.

Das Fernsehgerät ist eine Propagandamaschine des Neoliberalismus, ein Entpolitisierungsapparat durch billige Unterhaltung, eine Kolonialisierung der Vernunft. Längst haben wir demonstriert bekommen, dass eine Lüge als Wahrheit durchgeht, wenn sie nur groß genug ist und oft genug wiederholt wird... Medienkonzerne pflegen eine gute Zusammenarbeit mit PR- Agenturen wie dem US- Office of Global Communications oder dem Office of Strategic Influence die manipulierte Informationen streuen. Ist diese Desinformation nicht die eigentliche Gefährdung der globalen Sicherheit? ...Der Journalist und Leiter der Bürgerrechtsorganisation Free Press, John Nichols ist überzeugt: Wenn wir ehrliche Medien hätten, wäre George Bush nicht Präsident geworden und wir hätten im Irak keinen Krieg geführt...

US- amerikanische Intellektuelle beneiden uns Europäer noch um die relative Differenziertheit unserer Medien. Dabei greift die Berlusconisierung des Fernsehens längst auch hier um sich. Umberto Eco beschreibt sie als "Mediale Diktatur", in der es unerheblich ist, wenn Zeitungen abweichende Meinungen vertreten, entscheidend sei, wer das Informationsmittel mit der größten Durchdringungskraft kontrolliert. Wenn es nicht gelingt, die mediale Hegemonie des Neoliberalismus und Neomilitarismus zu brechen, werden diese Kräfte ihren vermeintlichen Siegeszug ungehindert weitertreiben.

Die globalternative Bewegung braucht die Macht, ihre eigenen Themen auf die TV- Agenda zu setzen. Denn: Was nicht auf dem Sender ist, ist nicht. Zu diesen Themen würden nicht nur soziale und ökologische Brennpunkte gehören, denn niemand will nur bad news sehen. Genauso wichtig wäre es, über Aktivitäten und Konzepte der Bewegung zu berichten. Außerdem über theoretische Kongresse, über die praktische Arbeit von NGO´s (Non-Governmental Organization) über die Arbeit von Untersuchungskommissionen, über genossenschaftliche Initiativen oder Erfolge einzelner Bewegungen. Es geht vor allem um die Verbreitung von Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge, um die ökonomische Alphabetisierung der Massen, wie der französische Soziologe Pierre Bourdieu es nannte. Es geht um die Offenlegung der Institutionen der Unterdrückung, des Zwangs und der oligarchischen Herrschaft innerhalb der Marktdemokratie. Es geht um den Kern des Herrschaftssystems, nämlich die private Verfügungsgewalt über die gerechterweise allen Menschen zustehenden Ressourcen. Und schließlich wäre es wünschenswert, wenn dieser Sender auch große, bisher tabusierte Debatten auslösen könnte, Brücken schlagen über Kulturen und Religionen hinweg. Wenn man schon mit Terroristen nicht verhandelt, so wird man doch mit ihnen reden müssen, um Motive zu verstehen und die Ursachen friedlich beilegen zu können...

Um auch den Armen, den Ausgegrenzten, den Analphabeten das Bewusstsein gemeinsamer Interessen zu geben, müssen Journalisten, Künstler, Wissenschaftler und Vertreter sozialer Bewegungen nachdenken über den schrittweisen Aufbau eines öffentlichen, unabhängigen, aufklärerischen Welt- TV- Senders der jenseits von Profitinteressen arbeitet. Dieser Sender müsste eines fernen aber schönen Tages in den gebräuchlichsten Sprachen senden... Ein alternativer Sender muss nicht perfekt sein, aber proffessionell. Es gibt bereits viele kleinere, unabhängige lokale Sender... Der erste Schritt müsste wohl darin bestehen, all diese Anfänge zu einem vorerst grobmaschigen Netz, zusammen mit öffentlich- rechtlichen Sendern zu verknüpfen und auf ihre globale Fernsehtauglichkeit zu prüfen...

Mit Blick auf ein solches Netzwerk möchte ich betonen: Menschen die an einen unabhängigen, alternativen Weltsender glauben sollten visionär sein, aber niemals naiv. Wissen ist Macht. Heutzutage sind Massenmedien und speziell große Fernsehgesellschaften mächtiger als Armeen. Und deshalb sind sie heilig. Geheiligt durch Geld. Oder genauer durch Leute mit Geld... Niemand frag, welche Programme "all of the world´s population" sehen wird. Was haben wir erreicht, wenn die Verblödungsprogramme auch noch die Letzten in Zombies verwandeln un der Langzeiteffekt von Reklame uns vollkommen unkritisch macht? ...

Es ist selbstverständlich, daß die Ethik dieses globalen Senders sich universalen Werten wie Gewaltfreiheit, Frieden, Freiheit, Liebe, Gleichberechtigung, Solidarität, Toleranz und gemeinsamer Verantwortung für die Natur verpflichtet fühlen würde. Es wird einen Dialog zwischen den Kulturen über Verschiedenartigkeit, Identität und Tradition führen. Aber das ist nicht genug. Das UN- Ziel der Halbierung der Armut bis 2015 muss jetzt endlich ernst genommen werden. Ein Welt- TV- Sender, der sich auf soziale Themen konzentriert, kann helfenden Menschen bewusst machen, was Armut im täglichen Leben bedeutet. Die 900 Analphabeten könnten in diese Politisierung einbezogen werden. Es gilt Fragen zu stellen im Zusammenhang von Rüstung, Waffenhandel und Krieg; von Armut und Reichtum, über die Verteilung der Güter: von oben nach unten, von Nord nach Süd muss schon deshalb international nachgedacht werden, weil sie, wenn überhaupt, nur noch global funktionieren kann.

Der UN- Aktionsplan behauptet: "Das Engagement und die Einmischung der Zivilgesellschaft ist wichtig für die Herausbildung einer fairen Informtationsgesellschaft." Und es gibt diese Einmischung in wachsendem Maße. Viele Menschen sind wütend über die Primitivität und Gleichschaltung der kommerziellen Programme. Sie spüren: Die Kontrolle des öffentlichen Diskurses durch private Konzerne, gefährdet die Grundlagen der Demokratie...

Als die unter Korruptionsverdacht stehende US- Telekommunikations- und Medienaufsichtsbehörde FCC 2003 beabsichtigte, die Konzentration von privatem Medienbesitz weiterzutreiben, konnten Gewerkschafts-, Verbraucher- und Bürgerrechtsgruppen tatsächlich zwei Millionen US Bürger motivieren, Protestbriefe und emails an die Federal Communications Commission zu schicken. Und 300000 Amerikaner nahmen Kontakt zu Kongressmitgliedern auf, um sie zur Aufhebung der geplanten Gesetzesänderungen zu drängen. Unter diesem Druck kippten sowohl Repräsentantenhaus als auch Senat die Deregulierungspläne der FCC. Doch das Weiße Haus drohte mit seinem Vetorecht und erreichte, das FoxTV, CBS und UPN die zulässige Obergrenze für Medienkonzentration weiterhin überschreiten dürfen. Offensichtlicher könnte die Interessenverquickung von Regierung und Privatsendern kaum sein.

Also keine Illusionen: Am Anfang wird es nichts als Hindernisse geben. In diesem Falle wird es unsere Aufgabe sein, diese Behinderungen zu beschreiben und öffentlich zu machen... Artikel 19 der UN- Menschenrechtsdeklaration garantiert nicht nur das Recht auf Meinungsfreiheit, sondern auch das Recht auf freie Kommunikation und Information. Lasst uns die Kluft zwischen versprochenen Menschenrechten und der Realität zeigen. Lasst uns helfen, diese Kluft zu verringern. Lasst uns anfangen.

Textquelle: Daniela Dahn; Demokratischer Abbruch, März 2005

"Westliche Grundwerte verteidigt man am besten, indem man sie selbst einhält" - In ihren jüngsten Essays und Portraits unternimmt Börne-Preisträgerin Daniela Dahn eine kritische Bestandsaufnahme unseres Umgangs mit Recht, Demokratie und Globalisierung. Was ist noch übrig von Freiheit und Gleichheit, von der Glaubwürdigkeit unseres politischen Systems?

weitere Infos und neue unabhängige, bürgernahe Medien: 




Keine Kommentare: