F. William Engdahl
Im August 1971 kündigte US-Präsident Richard Nixon einseitig den Bretton-Woods-Vertrag von 1944 auf und erklärte der Welt, das Diskontfenster der Federal Reserve für Gold sei ab jetzt dauerhaft geschlossen. Seither haben Wall-Street-Banken und einflussreiche Finanzkreise aus den USA und der Londoner City alles Erdenkliche getan, um zu verhindern, dass jemals wieder eine Währung durch Gold abgesichert wird. Jetzt, in den Tagen, wo eine tiefe Spaltung im US-Kongress einen möglichen amerikanischen Staatsbankrott heraufbeschwört, würde man erwarten, dass der Goldpreis in die Höhe schnellen würde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Es lohnt sich, die Gründe dafür einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Am Freitag, dem 11. Oktober, war zwischen US-Kongress und Obamas Weißem Haus keine Einigung in Sicht, die den »Shutdown«“ beendet hätte, und ein Staatsbankrott wurde für den 17. Oktober, den Tag, an dem die Schuldenobergrenze erreicht wird, immer wahrscheinlicher. Und just an diesem Tag gab die Chicago CME Group, die die COMEX – die Chicagoer Rohstoffbörse –
betreibt, an der Kontrakte über Goldderivate gehandelt werden, bekannt, um 8:42 Uhr Eastern Time werde der Handel für zehn Sekunden ausgesetzt. Es sei ein Sicherheitsmechanismus ausgelöst worden, nachdem eine Kauforder über zwei Millionen Unzen Gold-Futures ausgeführt worden sei.
Etwas ist faul am Goldmarkt
Infolge dieses riesigen Goldpapierverkaufs genau zu dem Zeitpunkt, an dem ein möglicher US-Staatsbankrott Investoren in Panik versetzen und ins Gold flüchten lassen würde, fiel der Preis um 30 Dollar für die Unze auf ein Dreimonatstief von 1259,60 Dollar. Nach Ansicht von Marktinsidern war die Ursache eine direkte Marktmanipulation.
David Govett, Chef der Abteilung Edelmetalle beim Brokerhaus Marex Spectron, bezeichnet den plötzlichen Futures-Verkauf als verdächtig: »Solche Schritte häufen sich; meiner Ansicht nach sind sie entweder das Werk von jemandem, der den Markt zu manipulieren versucht, oder von jemandem, dem man die Summen, mit denen sie um sich werfen, nicht anvertrauen sollte. Es gibt Möglichkeiten, in einen neuen Markt einzudringen oder ihn wieder zu verlassen, so dass minimaler Schaden verursacht wird, und wer immer diese Order einbringt, hat nicht die Absicht, so zu verfahren.«
Diesem Verdacht schloss sich auch UBS-Goldhändler Art Cashin an: »… wenn so etwas einmal passiert, könnte es sich um einen technischen Unfall oder einfach um einen Irrtum handeln. Aber wenn es innerhalb weniger Monate fünf Mal vorkommt, dann wirft es Fragen auf. Geschieht es mit Absicht? … Versucht jemand, den Markt zu beeinflussen?« Bei diesem »Jemand« handelt es sich nach Ansicht von Quellen am Markt um Obamas Weißes Haus, zusammen mit der Federal Reserve und einigen Schlüsselbanken an der Wall Street, die ruiniert wären, wenn der Goldpreis wirklich anstiege.
Im März 1988, fünf Monate nach dem schlimmsten Absturz des Aktienmarkts an einem Tag, unterzeichnete US-Präsident Ronald Reagan die Exekutivorder 12631. Durch diesen Erlass wurde die Arbeitsgruppe über die Finanzmärkte (Working Group on Financial Markets) geschaffen, die an der Wall Street als »Plunge Protection Team« bekannt ist, denn ihre Aufgabe bestand darin, in Zukunft unerwartete Panikverkäufe an den Finanzmärkten oder einen »Plunge« (Börsensturz) zu verhindern. Vorsitzender der Gruppe ist der US-Finanzminister, weitere Mitglieder sind der Vorsitzende der Federal Reserve, der Chef der US-Börsenaufsicht Securities & Exchange Commission (SEC) und der Chef der Commodity Futures Trading Commission (CFTC), die für die Regulierung des Derivatehandels an den Börsen zuständig ist.
Seit 1988 sind wiederholt Berichte über ein geheimes Einschreiten des Plunge Protection Teams aufgetaucht, womit versucht wurde, Panikverkäufe am Markt zu verhindern, die die Rolle des US-Dollars hätten gefährden können. George Stephanopoulos, unter Präsident Clinton Stabschef im Weißen Haus, gab 2006 zu, dass das Team 1998 während der Russland/LTCM-Krise und erneut nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zum Einsatz kam: »Sie haben sich informell darauf geeinigt, dass Großbanken eingreifen und Aktien kaufen, wenn sich ein Problem abzeichnet.«
Aber Aktien sind offensichtlich nicht das einzige, was die Regierung manipuliert. Das Hauptaugenmerk liegt dieser Tage auf Gold. Der Goldpreis ist in den letzten Jahren – seit im Jahr 2000 die IT-Blase in den USA platzte – von ungefähr 300 Dollar für die Unze auf über 1900 Dollar im August 2011 gestiegen. Vom Dezember 2008 bis Juni 2009, nach der Lehman-Pleite und mit Beginn der Griechenland-Krise in der Euro-Zone, stieg das Gold um satte 70 Prozent.
Seither ist der Goldpreis ohne klaren Grund um mehr als 31 Prozent gefallen, obwohl von einem einseitigen Militärschlag Israels gegen den Iran und dem US-Finanzdebakel im Verbund mit einer Euro-Krise und jetzt der Gefahr eines US-Staatsbankrotts die Rede ist, die allesamt zu gesteigerter Nachfrage nach Goldinvestitionen geführt haben.
Am 10. April dieses Jahres forderten die Chefs der vier größten US-Banken, die »Götter des Geldes« an der Wall Street – JPMorgan Chase, Goldman Sachs, Bank of America und Citigroup –, ein privates Treffen mit Obama im Weißen Haus. Zwei Wochen später, am 25. April, gab es den größten Absturz in der Geschichte des Goldes. Spätere Prüfungen der Handelsunterlagen bei COMEX ergaben, dass eine Bank, die J.P. Morgan Securities, hinter dem riesigen Verkauf von Goldderivaten stand. Derivate sind Papiere oder Wetten auf den zukünftigen Preis von Gold oder Rohstoffen. Der Kauf von Gold-Futures ist im Vergleich zu Gold sehr kostengünstig, beeinflusst aber den realen physischen Goldpreis, hauptsächlich deswegen, weil der US-Kongress unter dem Einfluss der Wall-Street-Lobby im Jahr 2000 den Commodity Trading Modernization Act verabschiedet hat, nach dem Goldderivate keiner Regulierung unterliegen. Auch jetzt war das Plunge Protection Team des Präsidenten eindeutig am Werk.
China lächelt und kauft
Praktisch tobt ein Krieg, ein Finanzkrieg zwischen den Großbanken an der Wall Street und ihren Verbündeten, darunter auch die großen Banken der Londoner City und Banken wie Deutsche Bank auf der einen Seite, die mit verdeckter Unterstützung von US-Finanzministerium und Fed den Handel mit Goldderivaten an der nicht regulierten COMEX einsetzen. Auf der anderen Seite stehen die realen Investoren und Zentralbanken, die überzeugt sind, dass sich das Weltfinanzsystem, insbesondere das Dollar-System, am Rande einer Katastrophe bewegt und dass historisch gesehen physisches Gold bei einer solchen Krise der beste sichere Hafen ist.
Hier sind die jüngsten Käufe von Goldreserven durch mehrere Zentralbanken, unter anderem Russlands, der Türkei und besonders Chinas, von Bedeutung. Die kurzfristige Manipulation des Preises für Goldderivate durch JPMorgan und Goldman Sachs sorgt an den Zentralbanken Chinas und Russlands und bei anderen Käufern von physischem Gold für ein Lächeln. Die russische Zentralbank hat ihre Goldreserven seit 2006 um 300 Prozent aufgestockt.
Nun hat die chinesische Zentralbank Zahlen veröffentlicht, wonach China im Monat August 131 Tonnen Gold importiert hat. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um 146 Prozent. Der August war der Monat mit dem zweitgrößten Goldimport in der Geschichte. Noch beeindruckender ist die folgende Zahl: In den letzten zwei Jahren hat China über 2000 Tonnen Gold importiert. Laut einem WikiLeaks-Telegramm von 2011 versucht die Peoples‘ Bank of China ohne großes Aufsehen, den Renminbi zur neuen goldgestützten Reservewährung zu machen. Hmm...
Nach inoffiziellen Berechnungen hält die chinesische Zentralbank heute ungefähr 3500 Tonnen an Währungsgold, das ist mehr als Deutschland und bringt China nach der Federal Reserve auf Platz zwei auf der Welt.
Und es gibt erhebliche Zweifel, ob die Federal Reserve tatsächlich 8000 Tonnen Gold besitzt, wie sie behauptet. Der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds, der Franzose Dominique Strauss-Kahn, verlangte eine unabhängige Überprüfung der Goldbestände der Federal Reserve, nachdem sich die USA geweigert hatten, dem IWF 191 Tonnen Gold auszuhändigen, wozu sie laut der IWF-Vereinbarung, die der Vorstand 1978 zur Deckung der Ausgabe von Sonderziehungsrechten unterzeichnet hatte, verpflichtet waren. Unmittelbar vor seiner Rückkehr nach Paris wurde er in einen bizarren Sex-Skandal im Hotel verwickelt und zum sofortigen Rücktritt gezwungen. Strauss-Kahn bekam einen Bericht des russischen Geheimdienstes zu sehen, der für Präsident Putin vorbereitet wurde, und in dem »Schurken«-CIA-Agenten enthüllten, dass die US Federal Reserve über keine Goldreserven verfügte, sondern das nur behauptete.
Für Washington und die Wall Street steht enorm viel auf dem Spiel, wenn sie den Goldpreis drücken. Würde das Gold auf 10 000 Dollar oder mehr springen, wo es viele aufgrund der herrschenden Nachfrage sehen, käme es zu Panikverkäufen von Dollars und amerikanischen Schatzanleihen. China hält zurzeit einen Rekord von 3,7 Billionen Dollar an Devisenreserven, die Hälfte davon bilden US Treasury Bonds und Bills.
Der Ausverkauf würde die US-Zinsen in ungeahnte Höhen treiben und eine Kettenreaktion von Firmen- und Privatbankrotten auslösen, die bisher seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 nur dadurch verhindert wurden, dass die Federal Reserve den Zinssatz nahe null gehalten hat. Der Ausverkauf würde auch das Ende der USA als alleinige Supermacht der Welt bedeuten. Kein Wunder, dass die Obama-Regierung das Gold manipuliert. Nur kann das in diesem Tempo nicht allzu lange weitergehen.
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