Sonntag, 16. November 2014

foodwatch: Kennzeichnungslücken in Schriftgröße, Herkunft, Gentechnik, Füllmengen und Nährwerten


Die Kennzeichnungslücke

Bild: fotolia.com/VRD
Eine große Mehrheit der Menschen lehnt den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft ab. Doch beim Einkauf von Fleisch, Milch oder Eiern erfahren die Verbraucher gar nicht erst, ob die Tiere mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. Diese Kennzeichnungslücke muss geschlossen werden, denn erst dann haben die Kunden die Wahl. 
Über die Folgen der Gentechnik für Mensch und Umwelt ist nach wie vor zu wenig bekannt. Langzeitstudien fehlen fast völlig. Während die Befürworter der Gentechnologie bessere Ernten und das Ende des Hungers in der Welt versprechen, befürchten Kritiker Schäden für die menschliche Gesundheit, unkalkulierbare Folgen für die Natur, die Verlagerung der Eigentumsrechte beim Saatgut in die Hände weniger Konzerne und das Ende der Wahlfreiheit für die Verbraucher.
Klar ist: Es gibt keinen zwingenden Grund für den Einsatz von Agrargentechnik. Klar ist auch: In Europa lehnen die Menschen transgene Lebensmittel mehrheitlich ab. Laut Eurobarometer 2010, einer Umfrage im Auftrag der Europäischen Kommission, sprechen sich etwa 60 Prozent der EU-Bürger gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel aus, 70 Prozent halten sie für „vollkommen widernatürlich“. Und dennoch sind die Gesetze zur Kennzeichnung von Gentechnik in unserem Essen ungenügend. Mit der Folge, dass die Verbraucher nicht selbst entscheiden können, ob sie mit ihren Kaufentscheidungen Agrar-Gentechnik unterstützen oder nicht.

Fleisch, Milch und Eier nicht gekennzeichnet

Zwar müssen Lebensmittel, die gentechnisch verändert sind, in der Europäischen Union (EU) seit dem 18. April 2004 gekennzeichnet werden. Für tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eier, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Futtermittel hergestellt wurden, gilt das jedoch nicht. Das heißt: Selbst wenn eine Kuh ihr ganzes Leben lang „Gen-Soja“ gefressen hat, erfahren Verbraucher beim Kauf von Milch und Fleisch nichts davon. Dabei gehen etwa 80 Prozent aller gentechnisch veränderten Pflanzen als Futtermittel in die Mägen von landwirtschaftlichen Nutztieren.
Wer den Einsatz von Gentechnik beim Einkauf nicht unterstützen möchte, muss zu Bioprodukten greifen. Der Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel ist hier grundsätzlich nicht gestattet. Oder er Produkte zu kaufen, die das freiwillige staatliche „Ohne Gentechnik“-Siegel tragen – doch diese sind im Supermarkt nur vereinzelt zu finden.

foodwatch fordert Wahlfreiheit

Käufer von Milch, Eiern oder Fleisch aus konventioneller Landwirtschaft werden durch diese Kennzeichnungslücke zwangsweise zu Unterstützern einer Technologie gemacht, die viele von ihnen ablehnen. foodwatch fordert: Verbraucher müssen selbst entscheiden können, ob sie mit Hilfe von Gentechnik erzeugte Lebensmittel kaufen wollen oder nicht.
Der Konsens zwischen Gentechnik-Befürwortern und -Gegnern sollte lauten: Die Bürger müssen – dauerhaft und umfassend – echte Wahlfreiheit in Bezug auf den Einsatz gentechnisch veränderter Sorten in Landwirtschaft und Ernährung haben.
im Dezember treten neue Regeln für die Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln in Kraft. Sie werden uns Verbrauchern als Meilenstein verkauft werden! Die Lebensmittelindustrie lobt die neuen Etiketten erwartungsgemäß. Sie behauptet, sie würden zu Transparenz und einer informierten Verbraucherentscheidung führen. Lange nicht mehr so gelacht, kann ich dazu nur sagen. Zwar müssen nach dieser Vorschrift allergene Zutaten hervorgehoben werden und die Nährwertkennzeichnung muss in Zukunft standardisiert sein. Aber das als Erfolg zu feiern, ist lächerlich, denn es handelt sich um Selbstverständlichkeiten!

Die Hauptübel wurden gerade nicht ausgeräumt. Ich bin mir sicher, dass Ihnen das meiste auch schon mal sauer aufgestoßen ist.

Kritikpunkt 1: Schriftgröße
Die wichtigsten Informationen sind häufig die, die die Industrie am liebsten verschweigen würde. Da sie das in vielen Fällen nicht darf, behilft sie sich damit, die Informationen so klein auf die Etiketten zu drucken, dass sie kaum lesbar sind. So haben die Lobbyisten der Lebensmittelindustrie alles daran gesetzt, den Vorschlag der EU-Kommission, die Schriftgröße auf 3 Millimeter festzulegen, zu verhindern. Was ihr dann auch bravourös gelungen ist! Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestschriftgröße beträgt nun 1,2 Millimeter bezogen auf die Höhe des kleinen x. Das ist der Grund, warum Sie heutzutage in einigen Supermärkten an den Einkaufswagen festmontierte Lupen finden. Die Lupe als Symbol für verfehlte Verbraucherpolitik!foodwatch fordert deshalb eine Mindestschriftgröße von wenigstens 2 Millimeter, wie es auch bei Büchern und Zeitschriften üblich ist.

Kritikpunkt 2: Herkunftskennzeichnung
Das Schweinefleisch für den Schwarzwälder Schinken kann aus ganz Europa (ja, dürfte sogar aus Neuseeland!) kommen - wir erfahren es nicht. Und die Früchte der Marmelade können aus Südamerika kommen - wir erfahren es nicht. Wo regional drauf steht, muss noch lange nicht regional drin sein.

foodwatch fordert deshalb eine umfassende Herkunftskennzeichnung!

Kritikpunkt 3: Gentechnik

Tierprodukte wie Fleisch, Milch oder Eiern müssen nicht gekennzeichnet werden, wenn sie von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futterpflanzen gefüttert wurden. Und das obwohl bekannt ist, dass eine überwältigende Mehrheit der Verbraucher Agrargentechnik ablehnt!
foodwatch fordert deshalb eine lückenlose Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere. Wenn Sie das auch wollen, dann helfen Sie uns bei diesem Kampf und werden Sie Förderin/Förderer von foodwatch!


Kritikpunkt 4: Füllmengen
Aber es wird nicht nur bei der Qualität geschummelt, sondern sogar bei den Mengen! Immer wieder nutzen die Hersteller gezielt Luft-Verpackungen, so dass der Kunde glaubt, da wäre auch mehr Inhalt drin. Aber weit gefehlt! Das ist nur ein Trick, um den Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen! Damit muss Schluss sein!
foodwatch fordert deshalb Mindestfüllmengen für Verpackungen. Wenn es technisch irgend möglich ist, muss die Packung bis zum Rand gefüllt werden! Als absolute Mindestfüllmenge müssen 70 Prozent vorgeschrieben werden.

Kritikpunkt 5: Nährwertkennzeichnung


Im Supermarkt werden auch weiterhin verdeckte Zuckerbomben lauern: Denn die Hersteller dürfen den Zuckergehalt ganz legal im Kleingedruckten verstecken! Ärzte, Krankenkassen und Verbraucher wollten eine Kennzeichnung in Ampelfarben auf der Vorderseite. Doch die Industrie hat eine Milliarde Euro in eine Lobby-Kampagne investiert, um das zu verhindern. Und die Industrie war erfolgreich: Die Politik hat komplizierte Nährwerttabellen beschlossen, die in Mini-Schrift auf der Rückseite stehen dürfen.

foodwatch fordert: Die Nährwerte müssen auf die Vorderseite der Verpackung und für jeden verständlich in Ampelfarben dargestellt werden!

Die Politik muss jetzt endlich aktiv werden, um die zügellos agierende Lebensmittelindustrie in ihre Schranken zu weisen. Mit einem kleinen Team von 16 Mitarbeitern haben wir einen Anfang gemacht. Es hat ein Bewusstseinswandel stattgefunden und die Medien berichten über die heimtückischen Machenschaften der Lebensmittelindustrie. Aber nun muss sich auch wirklich etwas ändern - bitte helfen Sie uns dabei und werden Sie Förderer/Förderin von foodwatch.

Die Medienberichterstattung reicht nicht aus, um die Lebensmittelindustrie zur Umkehr zu bewegen oder die Politik wachzurütteln. Es bedarf zusätzlicher Anstrengungen, um wirklich etwas zu verändern. Wenn Sie sich mit Ihrer Stimme hinter foodwatch stellen, dann ist das ein Fanal - und wenn das viele machen, entsteht daraus der Rückenwind, den wir brauchen, um aus schönen Ankündigungen reale Gesetzesänderungen zu erwirken. Erheben Sie Ihre Stimme und werden Sie Förderin/Förderer von foodwatch.

Aber natürlich schafft auch ein außerordentlich fleißiges und engagiertes Team nicht alles allein. Manchmal müssen wir uns auch von Rechercheuren, Rechtsanwälten, Lebensmittelchemikern, Grafikern und Druckern unterstützen lassen. Und leider ist das alles nicht umsonst zu haben. Deshalb bitte ich Sie, helfen Sie uns, indem Sie Förderer/Förderin von foodwatch werden.

Liebe foodwatch-Interessierte, die Geschichte zeigt immer wieder, Menschen können etwas bewegen, wenn sie sich zusammentun: Deshalb bitte ich Sie, seien Sie dabei und werden Sie Förderin/Förderer von foodwatch!

Vielen Dank und herzliche Grüße,

Ihre

Gabriele Richter
foodwatch


P.S.: Geld ist das eine. Die Anzahl unserer Förderer spielt aber auch eine große Rolle, um uns als Organisation Gehör zu verschaffen. Je mehr Unterstützer wir haben, desto leichter können wir Druck ausüben. Deshalb: Werden Sie bitte Förderer/Förderin und kämpfen gemeinsam mit uns für Ihr Recht!

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