Sonntag, 27. Mai 2012

»Klein-Bilderberg«: Soros-Geheimtreffen in Miami

Geheimtreffen der Macht-Elite sind Standard. Es gab sie immer und wird sie wohl in unserer Gesellschaft immer geben. Neben mittlerweile berühmt-berüchtigten Konferenzen wie »Bilderberg« finden natürlich auch weniger bekannte Gipfel statt, die ebenfalls unter dem Siegel striktester Geheimhaltung veranstaltet werden. Einer davon ist das Treffen der von US-Multimilliardär George Soros mitbegründeten Democracy Alliance. Ihre bedeutenden Mitglieder versammelten sich im direkten Vorfeld des bald bevorstehenden Bilderberg-Treffens kürzlich in Miami, Florida.


Mitten im Wonnemonat Mai trafen sich einige der reichsten Männer der Vereinigten Staaten zu einer Geheimkonferenz der Democracy Alliance (DA). An jenem Wochenende vom 12. auf den 13. dieses Monats schlossen sich die Türen im luxuriösen Biltmore-Hotel, Miami für die Außenwelt. Niemand sollte etwas von der verschwiegenen Runde mitbekommen. So ganz ließ sich die besondere Stimmung, die während jener beiden Tage über der Nobelherberge lag, aber nicht kaschieren. Abgesehen von der sogar für diesen Ort überraschenden Ansammlung teuerster Karossen, fiel vor allem die starke Polizeipräsenz auf. Bis auf die kleine, ausgewählte Gruppe hatte hier niemand Zutritt. Eine Atmosphäre, die nur zu deutlich an die jährlichen Bilderberg-Konferenzen erinnert, von denen die nächste nunmehr bereits kurz bevorsteht. Biltmore statt Bilderberg eben. Und auch über das Treffen der Democracy Alliance war zuvor kaum etwas zu vernehmen. So wurde auch nichts über den Ort der Tagung verlautbart, die auch als »Soros-Summit« tituliert wird. Denn als wesentlicher Urheber der 2005 ins Leben gerufenen mächtigen Gruppe darf der amerikanische Spekulant und Multimilliardär George Soros gelten.


1930 als György Schwartz in Budapest geboren, studierte Soros beim berühmten Karl Popper in London und siedelte 1956 in die USA über. Als Investmentfonds-Manager gelang ihm dort eine Traumkarriere, die ihn in die Riege der reichsten Männer der Welt katapultierte, nunmehr mit schließlich über 14 Milliarden US-Dollar in der Forbes-Liste der Milliardäre auf Platz 35 rangierend. Sicher, Jungunternehmer Mark Zuckerberg hat das weitaus schneller geschafft und ist mit 28 Jahren noch um mindestens drei Milliarden schwerer, doch Facebook, das ist doch wieder eine andere Geschichte.

Soros hatte zumindest mehr Zeit, um nicht zuletzt auch die Politik nachhaltig zu beeinflussen. Seine finanziellen Spekulationen sorgten für heiße Kontroversen, gerade auch hinsichtlich der politischen Auswirkungen. Schon vor vielen Jahren wurde er vom seinerzeitigen malayischen Premier sogar höchstpersönlich für die Finanzkrise verantwortlich gemacht. Soros spekulierte 1992 gegen das britische Pfund, das er als völlig überbewertet einstufte, ein Jahr später richtete er sich gegen die D-Mark und wurde dann schließlich angesichts der drohenden Finanzkrise in den USA im Jahr 2007 wieder aktiv, um erneut Milliarden zu scheffeln. Noch recht aktuell erklärte der Mega-Manager, er würde auch gegen den Euro spekulieren, zumindest, bis sich in der europäischen Politik etwas änderte.

Seine eigenen Verbindungen zur mächtigen Politik und bedeutenden politischen Organisationen sind mehr als nur beeindruckend, doch wen sollte das sonderlich überraschen? Überraschender vielleicht schon, dass ein Mann, der aufgrund seines intellektuellen Erbes stets für eine offene Gesellschaft eintrat, sich zusammen mit seinen Milliardärs-Kollegen und politisch einflussreichen Persönlichkeiten seit einigen Jahren regelmäßig hinter verschlossenen Türen verbarrikadiert, um dort gemeinsam aktuelle politische Fragen zu erörtern und Entscheidungen für die Zukunft zu fällen. Einen gewissen Eindruck dürften hierbei auch die Bilderberger-Konferenzen auf Soros gemacht haben. Dies sogar aus sehr direkter Anschauung: Soros wurde insgesamt sechsmal als Teilnehmer gelistet, zuletzt im Jahr 2007. Auch andere große Organe der Globalisierung sind ihm ganz persönlich vertraut, so dass die Grundlinie festzustehen scheint. Dabei spielt der öffentlich formulierte politische Kurs sicherlich keine Rolle, wobei doch ohnehin längst nicht mehr in den althergebrachten Kategorien gedacht werden kann. Schon gar nicht auf dieser hohen Ebene.

Mindestens 80 hochrangige Personen wohnten der Gründung jenes Soros-Netzwerks bei, das sich als »demokratische Allianz« unter anderem der Wiederwahl von Präsident Obama verschrieben hat. Zu den Geheimgesprächen trafen sich die Vertreter mächtiger Denkfabriken, Investment-Manager, politische Berater, Abgeordnete und andere führende Köpfe im Biltmore Hotel. Gründungsmitglied Rob Stein bezeichnete die Gruppe als »politische Investmentbank«. So gehe es auch darum, den »Marktplatz der Ideen auszubalancieren«.

Zu den Beteiligten zählten unter anderem Ari Rabin-Havt, Vize-Präsident der Organisation Media Matters for America (MMFA), Cynthia Ryan aus den Chefetagen des Investment-Unternehmens Schooner Capital oder auch Donald Sussman, ein auf China fokussierter Hedgefonds-Manager und Vorstandsmitglied der Denkfabrik Center for American Progress (CAP). Mit von der Partie auch CAP-Vorstand Thomas E. Steyer, Al Yates, ehedem Präsident der Columbia-Universität, und Anne Bartley, Treuhänderin des Rockefeller Brothers Fund. Zuvor hatte auch Vizepräsident Joe Biden an einem Soros-Gipfel teilgenommen.

Innerhalb der nach außen verschwiegenen Gruppe herrsche nach Kenntnis des Journalisten Ryan Grim von der Huffington Post allerdings hinsichtlich einer Kursbestimmung deutliche Uneinigkeit, vor allem zur Frage, »ob Organisationen finanziell unterstützt werden sollten, die eng mit der Demokratischen Partei verknüpft seien, oder aber solche, die außerhalb von ihr operieren und sie unter Druck setzten, eine progressivere Richtung einzuschlagen.« Wie festgestellt wird, sei auch das Ausscheiden des Versicherungsmilliardärs Peter Lewis aus dem Kreis der Democracy Alliance eines der deutlichen Zeichen für die Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe. Wegen der hohen »Mitgliedsbeiträge« dürfte Lewis jedenfalls eher weniger auf Distanz gegangen sein. Sie liegen jährlich bei mindestens 30 000 US-Dollar. Mitglieder sind verpflichtet, jedes Jahr wenigstens 170 000 US-Dollar an entsprechend empfohlene Gruppen zu spenden. Auch die DA folgt dem Pfad zielführender Philanthropie.

Auf der geheimen Tagung wurden auch verschiedene Workshops abgehalten, darunter einer mit dem Titel »Die Ein-Prozent-Regel« – basierend auf der Interneterkenntnis, dass auf einen einzigen aktiven Nutzer, der somit auch Inhalte einbringt, 99 reine Konsumenten kommen. Die Regel erinnert ans Pareto-Prinzip, demzufolge rund 20 Prozent einer Gruppe rund 80 Prozent der Aktivität beitragen oder 80 Prozent der Ergebnisse in 20 Prozent der zur Verfügung stehenden Projektzeit bewältigt werden, während die restlichen 20 Prozent aller Resultate am meisten Arbeit nach sich ziehen und somit auch den Löwenanteil der Zeit verschlingen. Benannt ist dieses Prinzip nach dem italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto, der die Vermögensverteilung in seinem Heimatland untersuchte und dabei auf einen interessanten Zusammenhang stieß: 80 Prozent des vorhandenen Geldes befinden sich in der Hand von nur 20 Prozent aller Familien. Paretos Empfehlung war daher, die Banken sollten sich doch vor allem um dieses wohlhabende Fünftel der Bevölkerung kümmern. Auf diese Weise hätten sich die Kreditinstitute bereits ausreichend abgesichert.

Die auf dem Soros-Gipfel diskutierte Ein-Prozent-Regel führt jedenfalls ihrerseits ganz offenbar wieder direkt in die Denkmuster der Machtstrukturen, in der eine sehr kleine Gruppe die Weichen für den Rest der Gesellschaft stellt, die Politik beeinflusst, die Kontrolle ausübt.

Ein Reporter des Washington Free Beacon unternahm den Versuch, zumindest der Abschlussveranstaltung jener Konferenz in Miami beizuwohnen. Er wurde von der auch für Kommunikation zuständigen Alexandra Visher mit den Worten hinauskomplimentiert: »Dies sind Persönlichkeiten mit bemerkenswerten Mitteln«, die oftmals auch Strategien unterstützten, die ihren eigenen Interessen zuwiderlaufen. In der Tat bemerkenswert. Schon zuvor war der gleiche Reporter von einem Polizisten in Zivil darauf aufmerksam gemacht worden, das Fotografieren von Konferenzteilnehmern sei untersagt – obwohl der Journalist zum betreffenden Zeitpunkt überhaupt nicht fotografierte. Auf die Frage, warum dies nicht erlaubt sei, erklärte der Beamte lediglich: »Ich kann darüber nicht sprechen«. Das Übliche also. Gesprochen wird über das Treffen ohnehin wenig, öffentlich berichtet so gut wie nichts. Zumindest die etablierten Medien schweigen sich darüber lieber weitgehend aus.



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