Donnerstag, 13. September 2012

Meditation über ein schwarzes Kreuz

[Eine theosophische Kritik an Rudolf Steiner]

von H. T. Edge, B. A. Cantab.

[Nachdruck aus: „Universale Bruderschaft, Blätter für Lebensweisheit und Lebenskunst. Gewidmet der Bruderschaft der Menschheit und der Theosophischen Bewegung unter der Führerschaft von Katherine Tingley, Point Loma, Californien.“ Nürnberg, J. Th. Heller, 9. Jg., April 1910, S. 30-31. Henry T. Edge gehörte zu den persönlichen Schülern von Helena P. Blavatsky, vgl. Collected Writings, Vol. XII, p. 499: http://www.katinkahesselink.net/blavatsky/articles/v12/y1890_052.htm]

Henry T. Edge (1867-1946)
Einer der Hauptzwecke, der die Gründung der Theosophischen Gesellschaft veranlasste, bestand darin, die vorzeitige und anormale Entwicklung der astralen Sinne als einem möglichen Hindernis von ernstester Gefahr für die Menschheit abzuwenden; denn die Menschheit steckt tief in Selbstsucht und Unwissenheit. In sämtlichen Schriften von H. P. Blavatsky und William Q. Judge finden wir überaus klare und eindringliche Warnungen vor dem Betreiben von allem, was mit astralen Dingen im Zusammenhang steht. Daß diese Warnungen unerläßlich waren, zeigt der große Einfluß, den derartige Bestrebungen in gewissen Bevölkerungsschichten erlangt haben. Sodann sehen wir eine weitere Bekräftigung in dem unheilvollen Ausgang solchen Treibens, welches infolge seiner Wirkung auf Körper, Gemüt, und häufig auf die Moral, viele Leben zugrunde gerichtet hat.

Die Lehren der Theosophie sind vom Anbeginne an deutlich dargelegt worden, und selbst von einem Forscher, welcher sich hiermit nur gelegentlich befaßt, wird ersehen, daß sie die anmaßenden Behauptungen der Astralforscher gänzlich widerlegen. Denn das allerwesentlichste, das, worauf es ankommt, ist die Teilung der menschlichen Natur in die Höhere Dreiheit, die Triade, und in die niedere Vierheit. Folgendes zeigt die Einteilung:


DIE HÖHERE DREIHEIT (TRIADE)

der Geist, oder A t m â,
die spirituelle Seele, oder B u d d h i,
die menschliche Seele, oder M a n a s.


DIE NIEDERE VIERHEIT

Die tierische Seele, oder K â m a R û p a,
die Lebenskraft, oder P r â n a,
der Astralkörper, oder L i n g a - S h a r i r a,
der physische Körper, oder S t h u l a - S h a r i r a.

Manas, in dem Menschen von heute, bewegt sich zwischen Kâma Rûpa und Buddhi und wird so zum Schlachtfeld eines beständigen Kampfes zwischen der Höheren und der niederen Natur, der im Sieg des Höheren über das Niedere seinen Ausgang findet, wodurch der Mensch, wenn er seine niederen Fakultäten durch das Gemüt beherrscht, welches mit seinem göttlichen Gegenstück, der geistigen Seele (Buddhi), eins ist, zu einem vollkommenen Wesen wird. Dies ist kein Dogma, sondern es ist die Lehre der Göttlichen Mysterien während aller Zeitalter im Hinweis auf die vorhandenen Lehren, wie in den Theosophischen Schriften, unter denen sich die Lehren Jesu Christi in den Evangelien befinden, gezeigt wird.

Aus der oben gebrachten Zusammenstellung kann ersehen werden, daß der Astralkörper der niederen Vierheit angehört, und daß bei ihm nichts Spirituelles zu finden ist. Er stellt nur das feinere Gefüge dar, aus dem der Körper gebildet ist, er repräsentiert den Träger des Lebensprinzipes und ist der Sitz der Sinne. Die Tiere besitzen ihn ebenso wie der Mensch. An der Spitze der niederen Vierheit steht Kâma Rûpa, das Wunschprinzip, welches die tierische Natur antreibt. Diese ist, solange sie nicht von der spirituellen Natur besiegt worden ist, des Menschen großer Widersacher. In den Tieren betätigt sie sich auf natürliche Weise, da die Tiere nicht im Besitze des menschlichen Intellektes sind; im Menschen jedoch versucht sie beständig, sich die Kraft des Intellektes unterwürfig zu machen, und so wird der Mensch, dessen Intellekt auf solche Weise durch die Begierde beherrscht wird, zu einem Dämon. Der erste Schritt im gesamten Okkultismus besteht deshalb darin, die tierische Begierde zu bemeistern. Jeglicher Versuch, die astralen Fakultäten zu entwickeln, ohne zuvor die Begierde bemeistert zu haben, hat natürlich zur Folge, den Experimentator für die Impulse der Begierde noch empfänglicher zu machen und auch die Kraft der Impulse zu verstärken. Dies ist der Grund für den Schiffbruch vieler; um nun die Menschen hiervor zu bewahren, haben H. P. Blavatsky und ihre Nachfolger stets so nachdrücklich auf der Forderung bestanden, die astralen Dinge beiseite zu lassen, bis der spirituelle Wille entwickelt ist.

Dr. Rudolf Steiner (1861-1925)
Theosophen richten neben anderen Studien ihre Aufmerksamkeit auf die Ausrottung der Selbstsucht und der tierischen Begierden aus ihrer Natur, und die meisten derselben lassen sich viel eher die großen, menschenfreundlichen Bestrebungen der Theosophie am Herzen liegen, als kleinlichen Praktiken nachzugehen. Die spirituelle Natur wird bei ihrer Entwicklung durch das Vergessen des Selbstes zu Gunsten des allgemeinen Interesses unterstützt.

Es hat jedoch stets Leute, die sich Theosophen nannten, gegeben, welche an das Interesse und an die Neugierde oberflächlicher Naturen appellierten, indem sie vorgaben, bequeme Mittel, um Kräfte zur Selbstentwicklung zu erlangen, zeigen zu können. Indem sie die schlichten Lehren der Theosophie unbeachtet ließen und den überaus klaren Weisungen und Warnungen der Lehrer der Theosophie direkt entgegenarbeiteten, haben sie den Theosophischen Lehren einige der Ausdrücke entnommen und sie für ihre eigenen Zwecke verdreht. Diese ihre Lehren besitzen nichts in sich, das sie Menschen mit Empfinden empfehlen könnten, im Gegenteil, sie führen die Unwissenden und Schwachen, welche unsere Hilfe benötigen, nur irre.

Ein Herr Dr. Steiner hat in Schweden Vorträge gehalten, und es wird von ihm berichtet, daß er in denselben die eben gekennzeichneten Praktiken behandelt hat. Es ist gut, erklären zu können, daß Herr Dr. Steiner mit der „Universalen Bruderschaft und Theosophischen Gesellschaft“, deren offizielles Haupt Frau Katherine Tingley ist, und welche die ursprünglichen Grundsätze der Theosophie, wie sie von H. P. Blavatsky und William Q. Judge verkündet wurden, lehrt, in keinerlei Beziehung steht; es scheint jedoch, daß er einem (sogenannten) theosophischen Kultus angehört, der gewisse Lehren verbreitet, welche von H. P. Blavatsky und von der „Universalen Bruderschaft und Theosophischen Gesellschaft“ nicht gutgeheißen werden. Ein Hinweis auf die Vorträge des erwähnten Herrn wird dies illustrieren.

Es wird berichtet, daß er erklärt hat, die inneren Sinne hätten ihren Sitz im physischen Körper, und der Astralkörper sei die wirkliche spirituelle Wesenheit. Welch eine Verdrehung ist dies! Die Höhere Dreiheit wird vollständig ignoriert, selbst dem Kâma Rûpa wird vorsichtigerweise ausgewichen, und es möchte scheinen, als ob guter Grund vorhanden ist, warum dies geschieht, denn gerade dieser Kâma Rûpa ist es, welcher das treibende Prinzip darstellt; er ist das „Ich“, das wesentliche „Selbst“ solch einer Philosophie. Man beachte die oben gegebene Einteilung der menschlichen Natur.

Wie weiter berichtet wird, gibt benannter Herr mannigfaltige Weisungen zur Entwicklung dieses Astral , oder wie er ihn nennt, „spirituellen“ Körpers. Zu diesem Zwecke soll man über ein mit roten Rosen geziertes, schwarzes Kreuz meditieren. Dies sind die Farben des „Teufels“, das ist gewiß! Schwarz ist die Farbe der Finsternis und Unwissenheit, rot die Farbe der Leidenschaft. Das Kreuz ohne den krönenden Kreis ist das Sinnbild der Erde, der Materie, der niederen Vierheit. Und über dieses Symbol soll, wie es scheint, meditiert werden, das Licht wird kommen und die inneren Sinne werden entwickelt! Ohne Zweifel wird es Einfältige geben, die diesen Weisungen blind gehorchen, aus keinem besseren Grunde als dem, weil dieser Mann es eben gesagt hat, ohne daß sie sich, hinsichtlich seiner Autorität, seiner Fähigkeit oder seiner Motive Rechenschaft geben.

Man lasse sie über ihr schwarzes Kreuz mit roten Rosen „meditieren“, wenn sie nichts Besseres finden können, was eines Mannes oder einer Frau würdig ist, um die freie Zeit auszufüllen; auf alle Fälle werden sie die Doktoren, wenn nicht die Irrenhäuser, mit Arbeit versehen. Die Beherrschung des Astralen, fügt der Vortragende, wie berichtet wird, hinzu, ist von größter Wichtigkeit. Recht so, aber ist dies die Methode, sie zu erlangen? Auf keinen Fall; denn wisse, dies ist das Verfahren, um dem Astralen die Herrschaft über dich erlangen zu lassen. Bist du, der du dies versuchest, vollkommen deiner gewiß, daß du rein und widerstandsfähig genug bist, um den subtilen und mächtigen Versuchungen zu trotzen, die denjenigen, dessen astrale Sinne erweckt wurden, bestürmen? Wahrscheinlich hast du bereits kleine Schwächen, die dich gewöhnlich beherrschen. Möchtest du der Liste deiner Schwächen noch die Besessenheit hinzufügen? Wenn dem so ist, dann könnte man dir zum Herbeiführen derselben keine besseren Anweisungen geben. Eine merkwürdige Behauptung, die man diesem Redner zuschreibt, ist die, die Pflanze stehe höher als der Mensch, deswegen, weil sie leidenschaftslos und rein sei. Vom Menschen hat er keine hohe Meinung! Er stellt seine Zuhörer unter die bescheidene Kartoffel. Er mag seine eigenen Erfahrungen gemacht haben, seinen Sarkasmus sollte er jedoch für sich behalten.

Das niedere Mit-sich-selbst-beschäftigen und die zur Selbstentwicklung dienenden Praktiken sind für einen mit gesundem Gemüt begabten Menschen, der nach Wissen strebt, im hohen Grade schädigend.

Möge man die Meditation über schwarze Kreuze und rote Rosen bleiben lassen und die in jedem Menschen ruhende Göttlichkeit finden.

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Wie wir alle anerkennen müssen, besteht der Zweck der Evolution für den Menschen darin, ihn zum völligen Verständnis des Universums in seiner ganzen Ausdehnung zu führen und ihn die Herrlichkeit desselben als Freude empfinden zu lassen. Nach den Lehren der Theosophie jedoch kann dies nur dann geschehen, wenn er eins geworden ist mit dem Höheren Selbst, der göttlichen Seele, welche hinter unseren, von einander getrennten menschlichen Persönlichkeiten steht, jener göttlichen Seele, welche der Christus ist, der wahre Weinstock, von dem wir die Reben sind. Um diesen gottähnlichen Zustand zu erreichen, müssen wir den Wall der Selbstsucht niederreißen, welcher uns von einander trennt; wir müssen unsere persönlichen Interessen in denen der Gesamtheit aufgehen lassen und bewußt die Einheit der Rasse empfinden – wir müssen erkennen, daß Bruderschaft eine Tatsache in der Natur ist, kein bloßes Gefühl oder ein eitler Wahn untätiger Träumer . . . . .

Diejenigen, welche zu erkennen beginnen, daß das offene Tor zu allen Kräften der Seele durch eine tätige, selbstlose Ergebenheit für die Interessen der Menschheit gebildet wird, diejenigen, welche das Verlorene suchen, sie alle werden in der Theosophischen Arbeit eine gewisse spirituelle Kameradschaft in reicher, überfließender Fülle finden, die durch nichts ersetzt werden kann . . . . .

„Theosophisches Handbuch“, V. Band.





2 Kommentare:

hamma hat gesagt…

sehr kompliziert , und sehr komplizierte sachen kommen darin vor .
falls es also so ist wie die (überwesen) es beschreiben , dann will ich doch noch mal erinnern , das es nur durch den sohn zum vater geht und nur der sohn , sprich jesus christus , kann diese wandlund ausführen , und ohne viel zu philosopieren , und derbe namen zu gebrauchen , die keiner jeh gehört hat und vl auch nie hören will , verliere deinen glauben nicht , vertraue jesus christus , und gehe ihm nach , diese beschreibung finde ich viel besser, einfacher logischer , und in meinem geiste entsteht nicht das gefühl , da drehen banausen wieder am glauben rum , einer nach links der andere nach rechts ... einfach hamma

Anonym hat gesagt…

Statt von Atma und Buddhi kann man natürlich auch von Vater und Sohn sprechen. Man kann zu Buddhi auch Jesus Christus sagen, wenn es einem gefällt, vorausgesetzt, man nimmt solche Personifikationen kosmischer Prinzipien und Kräfte nicht wörtlich und macht einen Aberglauben daraus, wie es leider viele Christen tun, im Gegensatz zu den Urchristen. Glauben ist gut, aber Wissen ist noch besser. Schließlich lassen die Bibelredakteure ihren Helden auch von pistis reden - was Wissen bei den alten Griechen bedeutete und erst die Christen es in Gluaben, und in blinden Glauben, herabgewürdigt haben. Man fragt sich, warum viele Christen solch eine Angst davor haben, wenn zu ihrem Glauben noch das Wissen käme.