Soweit bekannt ist, verfügen die Vereinigten Staaten über mehr als zwei Dutzend waschechter Geheimdienste. Da gibt es natürlich die berühmte Central Intelligence Agency, die National Security Agency, das National Reconnaissance Office, die National Geospatial-Intelligence Agency, das Office of Intelligence and Analysis, das Office of Terrorism and Financial Intelligence, den Secret Service und viele mehr. Um die Kooperation der verdeckt operierenden Behörden ist es keineswegs immer zum Besten bestellt, auch wenn
übergeordnete Instanzen für
Geschlossenheit stehen. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 hat
sich an der Rolle und den Aufgaben der Geheimdienste so manches
geändert, und auch die US-Bundespolizei FBI übernahm
Funktionen, die ihr mehr und mehr den Charakter eines weiteren
Geheimdienstes aufprägten. Seit jener Zeit denken die Superhirne der
Landesverteidigung ohnehin immer wieder über Neustrukturierungen der
Dienste nach. Unlängst wurde ein völlig neuer US-Geheimdienst ins Leben
gerufen, der unter dem Namen »Defense Clandestine Service« bekannt
wurde – in etwa »heimlicher Verteidigungsdienst«. Gemäß einem von
US-Verteidigungsminister Leon Panetta gebilligten Plan sollen die
Beamten dieses neuen Dienstes eng mit ihren Kollegen der CIA zusammenarbeiten, gerade auch, da Militär und Geheimdienste zunehmend auf sehr ähnliche Ziele ausgerichtet seien.
Die durch den Faktor Mensch bestimmte
Spionageeffektivität soll mittels des neuen Dienstes besser kanalisiert
und somit merklich gesteigert werden. Der Defense Clandestine Service bezieht seine Mitarbeiter zu mindestens 15 Prozent aus der altgedienten Defense Intelligence Agency (DIA),
die global bereits bei sehr wesentlichen Facetten des Spionage-Kanons
aktiv ist, sei es Terrorismus oder Waffenverbreitung, und relevante
Informationen an aktive Truppenverbände weitergibt. Der neue
Geheimdienst soll stattdessen auch das jeweilige nationale Umfeld
verstärkt ins Visier nehmen und nachrichtendienstliche Informationen
außerhalb der Kriegsgebiete sammeln, um die neu gewonnenen Daten anderen
US-Geheimdiensten zur Verfügung zu stellen – ebenfalls der Versuch,
eine stärkere Kooperation zu schaffen, wodurch der Defense Clandestine Service im Idealfall neue Kanäle öffnen und für eine Vernetzung der Strukturen sorgen könnte.
Einzelheiten zu den Aufgabenstellungen
dringen naturgemäß nicht nach außen, eher werden »aus gut informierten
Kreisen« einige Andeutungen hinter vorgehaltener Hand und unter der
Bedingung absoluter Anonymität gemacht. So gab es auch aus dem
US-Verteidigungsministerium einige knappe Kommentare an ausgewählte
Journalisten, die wiederum keine Namen enthüllen durften. Hier war
lediglich vage zu vernehmen, dass der neue Dienst dafür Sorge zu tragen
habe, dass sich die erforderlichen Kräfte wirklich stets an den
richtigen Örtlichkeiten zu befinden hätten, um die gestellten Aufgaben
zu erfüllen. Natürlich gehe es auch darum, die Spionagetätigkeit
auszuweiten. Militärspionage sei bislang vor allem auf den Irak und
Afghanistan fokussiert gewesen. Am 23. April verlautbarte das Pentagon,
im Rahmen der geheimdienstlichen Neuorganisation nunmehr die
Spionagetätigkeit hinsichtlich gewisser Ziele hoher Priorität zu
intensivieren, dies auch außerhalb von Kriegsgebieten. Insbesondere
zählen zu solchen aktuellen Zielen natürlich der Iran und China. Um dies
zu erraten, bedarf es sicherlich keiner intimeren Kenntnisse
geheimdienstlicher Begehrlichkeiten des 21. Jahrhunderts. Allerdings
resultieren die aktuellen Pläne aus einer klassifizierten Studie, die
2011 abgeschlossen wurde.
Für die Aufgaben werden gegenwärtig einige Hundert DIA-Mitarbeiter
abgestellt, durchweg Personal mit gediegener geheimdienstlicher
Erfahrung. Und für die kommende Zeit wird wohl eine ähnliche Zahl
weiterer DIA-Leute in den Dienst der neuen verschwiegenen Behörde treten. Dabei werden sie offenbar aber keineswegs Aufgaben der CIA oder dessen National Clandestine Service übernehmen.
Wiederholt wird die Betonung auf eine stärkere Zusammenarbeit der
einzelnen Dienste gelegt, was gerade durch den jetzigen »Nachwuchs«
erreicht werden soll.
Bei der DIA ist derzeit einiges in Bewegung. Kürzlich wurde Lieutenant General Michael T. Flynn als nächster DIA-Chef nominiert, ein erfahrener Geheimdienstoffizier der Vereinigten Stabschefs, der unter anderem laut New York Times ein
Pionier neuer nachrichtendienstlicher Methoden ist, die er im Irak und
in Afghanistan zum Einsatz brachte, um terroristische Netzwerke effektiv
auszuhebeln. Eine Woche nach Flynns Nominierung wurde der neue Plan zum
Defense Clandestine Service vorgelegt, den der führende Nachrichtendienstexperte des Pentagon, Michael G. Vickers, zusammen mit seinem CIA-Pendant Michael Sulick, Chef des National Clandestine Service (NCS) entwickelt hatte. Der NCS wurde in direktem Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September ins Leben gerufen.
Letztlich läuft alles wieder auf eine
Erweiterung weltweiter verdeckter Operationen und Anreicherung geheimer
Informationen hinaus – die Globalisierung der Spionage eben, soweit sie
noch gesteigert werden kann.
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