Mittwoch, 28. Dezember 2011

Physiker suchen nach Schwarzer Materie

Schwarze Materie ist für Astroforscher immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Sehen kann man sie nicht. Radioteleskope könne sie nicht hören. Einstein sagt aber, dass es sie geben muss.


Potsdamer Forscher wollen mit Satellitentechnik dem Ursprung des Universums auf die Spur kommen und Einsteins Relativitätstheorie auf Herz und Niere prüfen. Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik sind Teil des 1,05 Milliarden Euro teuren europäischen Forschungsprojekts "eLisa", berichtete Direktor Bernard Schutz am Mittwoch in der Landeshauptstadt. Die Forscher wollen Schwarze Löcher und andere Sterne quasi hörbar machen. In Potsdam-Golm soll die Analyseeinheit dafür stehen. Der Startschuss für das Projekt werde 2022 erfolgen, hieß es.


Aus Indizien könnten Beweise werden
"Fernrohre können nur vier Prozent des Lichts des Universums auffangen. Alles andere bleibt im Dunklen", erklärte Schutz. Ob es Schwarze Löcher überhaupt gibt, konnten bisher nur Astrophysiker wie Albert Einstein theoretisch beschreiben. "Hundertprozentiges gibt es bislang nicht, nur Hinweise wurden festgestellt", sagte Schutz. Diese Löcher sind astronomische Objekte, die eine unvorstellbar große Massenansammlungen im All bilden. In ihnen soll die Anziehungskraft so massiv sein, das absolut gar nichts aus ihnen herausgelangt. Licht wird verschluckt, Radiowellen können aus dem Inneren nicht nach außen dringen.

Zusammen mit der europäischen Weltraumorganisation ESA sollen Schwarze Löcher, Doppel- und Neutronensternsysteme indirekt über Gravitationswellen hörbar gemacht werden. Mit Hilfe von drei Spezialsatelliten, die sich auf einer Sonnen-Umlaufbahn und jeweils in einem Abstand von einer Million Kilometer befinden sowie per Laserstrahl miteinander kommunizieren, sollen diese Wellen aufgefangen werden. Auf diesem Weg könnte es sogar gelingen, den Urknall zu entzaubern, hofft Astrophysiker Schutz.

Einsteins Relativitätstheorie

 

Nach Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie erzeugen beschleunigte Massen, wie zum Beispiel umeinander kreisende Schwarze Löcher, Gravitationswellen. Diese sind Schwerkraftbilder, die sich mit Lichtgeschwindigkeit durch das All bewegen, erklärte der Professor. Anders als bei elektromagnetischen Wellen werden Gravitationswellen von nichts aufgehalten. Sie durchqueren das Universum ungehindert. "Das für uns Spannende ist, dass sie gestaucht und gestreckt werden, ihre Raumzeit moduliert wird." Hierin stecken die für die Forschung interessanten Informationen und Botschaften, hieß es.
Die Forscher wollen den Frequenzbereich von 0,1 bis 100 Milli-Hertz abhorchen. "In diesem Bereich brüllen, schreien oder flüstern zahlreiche kosmische Objekte. Von explodierenden Sternen erwarten wir zum Beispiel ein kurzes Plop, von Pulsaren ein Flüstern, von zwei miteinander verschmelzenden Neutronensternen ein Schreien und von großen Schwarzen Löchern lautes Gebrüll", erklärte der Wissenschaftler. Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik ist 1995 in Potsdam gegründet worden und verfügt über rund 120 wissenschaftliche Mitarbeiter.