Montag, 18. Juni 2012

Montagmorgen am Arbeitsplatz

Gastbeitrag von Toranius

Da sitz ich nun. 8 Uhr und schon voller Unruhe. Um 6 Uhr aufgewacht durch das Schrillen
des Weckers. Mein Körper fühlte sich schwer an. Eigentlich viel zu früh, um aufzustehen.
Mein natürlicher Rhythmus wäre eigentlich ein viel Anderer. Erste Gedanken jagen durch den Kopf über den anstehenden Tag. Gewissensbisse plagen mich. Dies sollte ich noch, das habe ich vergessen, werde ich dies und jenes schaffen? Derjenige ist doch schon verärgert, weil ich zu spät dran bin. Nur noch ein bisschen liegen bleiben. Dieses Gefühl von Geborgenheit/Sicherheit im Bett spüren. Geht nicht! Der Druck, welcher die Gedanken erzeugt ist zu gross. Mann bin ich schlapp. Warum nur habe ich gestern Abend noch so lange fern geschaut und 2/3 Bier getrunken? Abschalten. War ja gestern eigentlich schon schlapp. Ich wollte die plagenden Gedanken abtöten. Ein Irrtum. Sie sind immer noch da. Wie bekomme ich diese nur weg? Ich muss mehr arbeiten.
Wenn ich alle meine aufgelaufenen Arbeiten erledigt habe, bin ich die Gedanken los, fühle mich leicht und frei. Wann habe ich mich das letzte Mal „FREI“ gefühlt? Ich kann mich an die ersten Ferien, allein mit Freunden, erinnern. Da fühlte ich mich frei, grenzenlos. Alles war möglich. Ich strotzte vor Energie. Das war vor 20 Jahren. Warum? Es ist dieses Gefühl, wonach ich mich sehne. FREIHEIT. Kein „ich sollte noch“, „du musst“, „warum hast du nicht“, „das darf man doch nicht“, „das sollte man nicht“, „um 08.00 Uhr musst du im Büro sein“, „um 12.00 Uhr musst du Mittagessen gehen“, etc. etc. etc.

WARUM? Warum sitze ich jetzt hier und schiebe diesen riesigen Berg Arbeit vor mir her, welcher mir derart aufs Gemüt drückt. Warum kann ich nicht machen, was mir Spass macht?

Was hindert mich frei und glücklich zu sein? Ich könnte ja aufstehen und davonlaufen, um
den Berge herum, in die Freiheit.

DAS GELD.

Ich kann doch nicht meine Familie im Stich lassen. Wenn ich nicht mehr arbeite,
verdiene ich kein Geld mehr. Dann kann ich die Miete nicht mehr bezahlen, keine schönen
Kleider mehr für die Kinder und die Frau kaufen. In der Schule werden meine Kinder dann
ausgelacht. Was ist mit dem Reit- und Musikunterricht? Die Nachbarn, Freunde werden sich
von uns distanzieren…

Scheiss Geld. Wäre, wenn es Geld nicht gäbe, eigentlich alles viel besser? An wen geht eigentlich das ganze Geld, was ich ausgebe? An die Lebensmittelindustrie, die Grossisten, Textil- und Ölindustrie, an den Staat etc. Wer sind die eigentlich?

Schuldenkrise, Finanzkrise. Lese und höre ich immer wieder in den Medien. Was heisst das?

Der Druck auf uns wird grösser. Wir müssen mehr arbeiten. Vielleicht verlieren wir unsere
Stelle.

Überall Schuldenberge, wo man hinsieht. Alle Staaten sind verschuldet. Mit der grösseren
Schuld, wachsen die Zinszahlungen und der Zinssatz. Neuverschulden wird teurer. Ein Teufelskreis.

Jedem Schuldner steht ein Gläubiger gegenüber. Das heisst, diesen massiven Schulden,
von welchen wir tagtäglich in den Nachrichten hören, steht irgendjemand gegenüber, welcher massiv viel Geld besitzt und durch immer höhere Zinsen noch mehr dazuverdient. Warum ist nie, wirklich nie, in den Medien etwas über diese Gläubiger zu lesen? Würde nicht auf der Seite der Gläubiger ein riesiges Potential zur Lösung des Problems liegen? Ich erlasse Dir die Schulden, du musst keine Zinsen bezahlen.

Mir geht es finanziell gut. Ich leihe einem Freund CHF 10'000.00. Er ist in finanzieller Not. Er
bezahlt mir Zinsen dafür. Er rackert sich ab. Es geht ihm schlecht. Er fragt mich, ob ich ihm
mehr Geld leihen könne. Seine Frau hatte einen Unfall. Er benötigt das Geld für eine Operation.

Er war nur minimal versichert, hatte ja nicht genügend Geld für mehr. Ich gebe ihm
weitere CHF 20'000.00. Er bezahlt mir Zinsen dafür. Ich wollte das nicht unbedingt. Aber er
hat ein schlechtes Gewissen mir gegenüber. Die finanzielle Schuld drückt zudem auf sein
Gemüt: Ich bin nicht gut genug. Ich muss mehr arbeiten. Er rackert sich ab. Mit Müh und
Not bezahlt er die Zinsen und stottert die Schuld ab.

Ich kann nicht mehr zuschauen. Ich bin ein Mensch. Ich bin voller Liebe. Was unterscheidet

mich von ihm? Nichts. Wir sind gleich, wir sind Menschen. Was entscheidet ein Mensch voller Liebe, Verständnis, Respekt, Toleranz?

Ich erlasse ihm die Schulden und nehme ihn in die Arme. Meine Familie unterstützt zudem
seine bei der häuslichen Arbeit, weil seine Frau noch nicht arbeiten kann.
Habe ich mir überlegt?: Wenn ich meinem Freund noch mehr Geld leihen würde, müsste er
mir noch mehr Zinsen bezahlen. Ich könnte auch anderen Leuten noch Geld leihen.
Ist noch praktisch. Wenn ich eines Tages genug Geld ausleihen würde, müsste ich eines Tages nicht mehr arbeiten. Die Anderen würden sich abrackern und ich könnte mich zurücklehnen. Ich würde die Anderen von mir abhängig machen. Sie würden mich anflehen nachsichtig zu sein, wenn mal eine Zinslast nicht getilgt werden könnte. Ich könnte sogar Wohltäter spielen, obwohl ich sie ja eigentlich unterdrücke.

Habe ich mir dieses Szenario überlegt? NEIN. Ich bin doch kein Unmensch. Ich habe ein Herz und ich freue mich lieber, mit meinem Freund auf eine Bergtour zu gehen, als Zinszahlungen von ihm einzufordern.

10% der Menschheit besitzt 85% des Weltvermögens.
Das heisst, dass 6,3 Milliarden Menschen (Weltbevölkerung ca. 7 Mia.) sich für 700 Millionen
Menschen abrackern.

Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Ungleichgewicht anhand des momentanen

Finanzsystems je wieder kippen wird? Was müsste geschehen, um eine gerechtere Verteilung zu erlangen?

Zinsen/Schulden Erlassen/Abschaffen

Liebe, Frieden, Toleranz, Respekt, Vergebung, Hilfe, Gleichberechtigung.

Ich sitze hier. Das Telefon klingelt. Ich schaue auf die Uhr. 08.15 Uhr. In 15 Minuten so viele Gedanken. Ich werde von der anderen Seite der Telefonleitung angeschrien. „Wieso ich nicht, ich hätte doch schon lange, wann endlich, ich verstehe das nicht, was ich denn den ganzen Tag so mache,…“. Entschuldigung. Scheiss Gedanken. So ein Unsinn. Ich muss arbeiten.

Ich muss mehr arbeiten (für die 10%), denn irgendwann will ich ja FREI sein.

Toranius, Juni 2012