Samstag, 28. April 2012

Unbekannte Fragmente des ägyptischen Totenbuchs entdeckt

Das Dasein der alten Ägypter war untrennbar verbunden mit der gezielten Vorbereitung auf das Leben im Jenseits. Davon künden zahlreiche schriftliche Überlieferungen auf Papyri und Grabinschriften. Jetzt hat ein britischer Ägyptologe ein besonderes Papyrusfragment entdeckt, das bislang unbekannte Texte des Totenbuchs enthält.


Es gibt Entdeckungen, von denen sofort klar ist, dass man sie nur einmal im Leben macht. So sieht es auch der renommierte Ägyptologe John Taylor, Kurator der Mumiensammlung des Britischen Museums London. Und es ist seine eigene, ganz aktuelle Entdeckung, von der er da sprechen kann. Während der Vorbereitungen für eine Mumienausstellung im australischen Queensland Museum, Brisbane, wurde Taylor auch tief in die dortigen Kabinette und Depots geführt, um einen Überblick über die weiteren Bestände zu erhalten. Die Verwaltung hatte ihn gebeten, die altägyptischen Artefakte der Sammlungen zu inspizieren. Doch was dabei geschah, hätte Taylor niemals vermutet. Der britische Ägyptologe war an eine Vitrine herangetreten, um einige Gegenstände in Augenschein zu nehmen.
Dabei fiel ihm ein Papyrusfetzen auf, der ganz charakteristische Hieroglyphen trug. Hier stand eindeutig der Name von Amenhotep, Priester und Chefbaumeister im 15. Jahrhundert vor Christus. Sein Totenbuch, jene in Gestalt einer Papyrusrolle traditionelle Grabbeigabe seit der 18. Dynastie, wurde in den 1890-er Jahren in die verschiedensten Teile der Welt verstreut. So gibt es in Boston, New York sowie auch London Fragmente davon. Außerdem stieß Taylor im Keller des Queensland-Museums noch auf weitere Teile, die für beinahe hundert Jahre niemand beachtet hatte. Das uralte Schriftwerk war dem Museum im Jahr 1913 von einer nicht mehr namentlich identifizierbaren Dame geschenkt worden. Nachdem Taylor das erste Fragment gesehen hatte, bemühte er sich darum, wirklich den kompletten Bestand der Papyrusfetzen zu sichern. »Als ich in das Konservierungslabor gebracht wurde, um sie zu sehen, wurde es sehr bald offenbar, dass wir in der Tat viele Fragmente des Totenbuchs dieses außerordentlich wichtigen Mannes vor uns haben«, so Taylor, der zudem betont: »Das ist nicht der Papyrus von irgendeiner Person. Er gehörte einem der bedeutendsten Beamten Ägyptens in einer Zeit, zu der das Land den Gipfel des Wohlstands erreicht hatte.«


Das Totenbuch hat eine lange Geschichte und kann nicht als einheitlicher Text verstanden werden. Beginnend mit den bekannten Pyramidentexten des Alten Reichs, aus der Zeit der fünften und sechsten Dynastie um rund 2500 vor Christus, wurden vor allem im Neuen Reich sehr zahlreiche Totentexte mit Zaubersprüchen und Beschwörungsformeln verfasst. Schriften dieser Art fanden sich seit der glänzenden Ära der 18. Dynastie bei den Mumien von Pharaonen, auch an derjenigen Tutanchamuns. Allerdings verschwand ganz offenbar in letzterem Fall ein prachtvoller Papyrus spurlos. Die Hintergründe scheinen geheimnisvoll. Und später beklagten Ägyptologen trotz des grandiosen und einzigartigen Grabschatzes, dass keinerlei schriftliche Aufzeichnungen in dem Grab gefunden wurden, die den Wissenschaftlern weiteren Aufschluss über das Leben in jener Zeit hätten vermitteln können.

John Taylor wird nun seinerseits versuchen, die bislang unbekannten Totentexte Amenhoteps zusammenzustellen und das Material auch digital zu sichern. Die Vorbereitungen zur Queensland-Ausstellung haben jedenfalls zu einer faszinierenden Entdeckung geführt. Das Museum selbst zeigt nun Exponate des Britischen Museums, darunter gut erhaltene Mumien, Sarkophage und Statuen.

Quelle: 
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