Das Dasein der alten Ägypter war untrennbar verbunden mit der
gezielten Vorbereitung auf das Leben im Jenseits. Davon künden
zahlreiche schriftliche Überlieferungen auf Papyri und Grabinschriften.
Jetzt hat ein britischer Ägyptologe ein besonderes Papyrusfragment
entdeckt, das bislang unbekannte Texte des Totenbuchs enthält.
Es gibt Entdeckungen, von denen sofort klar ist, dass man sie nur
einmal im Leben macht. So sieht es auch der renommierte Ägyptologe John
Taylor, Kurator der Mumiensammlung des Britischen Museums London. Und es
ist seine eigene, ganz aktuelle Entdeckung, von der er da sprechen
kann. Während der Vorbereitungen für eine Mumienausstellung im
australischen Queensland Museum, Brisbane, wurde Taylor auch tief in die dortigen Kabinette und Depots geführt, um einen Überblick über die weiteren Bestände zu erhalten.
Die Verwaltung hatte ihn gebeten, die altägyptischen Artefakte der
Sammlungen zu inspizieren. Doch was dabei geschah, hätte Taylor niemals
vermutet. Der britische Ägyptologe war an eine Vitrine herangetreten, um
einige Gegenstände in Augenschein zu nehmen.
Dabei fiel ihm ein
Papyrusfetzen auf, der ganz charakteristische Hieroglyphen trug. Hier
stand eindeutig der Name von Amenhotep, Priester und Chefbaumeister im
15. Jahrhundert vor Christus. Sein Totenbuch, jene in Gestalt einer
Papyrusrolle traditionelle Grabbeigabe seit der 18. Dynastie, wurde in
den 1890-er Jahren in die verschiedensten Teile der Welt verstreut. So
gibt es in Boston, New York sowie auch London Fragmente davon. Außerdem
stieß Taylor im Keller des Queensland-Museums noch auf weitere Teile,
die für beinahe hundert Jahre niemand beachtet hatte. Das uralte
Schriftwerk war dem Museum im Jahr 1913 von einer nicht mehr namentlich
identifizierbaren Dame geschenkt worden. Nachdem Taylor das erste
Fragment gesehen hatte, bemühte er sich darum, wirklich den kompletten
Bestand der Papyrusfetzen zu sichern. »Als ich in das
Konservierungslabor gebracht wurde, um sie zu sehen, wurde es sehr bald
offenbar, dass wir in der Tat viele Fragmente des Totenbuchs dieses
außerordentlich wichtigen Mannes vor uns haben«, so Taylor, der zudem
betont: »Das ist nicht der Papyrus von irgendeiner Person. Er gehörte
einem der bedeutendsten Beamten Ägyptens in einer Zeit, zu der das Land
den Gipfel des Wohlstands erreicht hatte.«
Das Totenbuch hat eine lange Geschichte und kann nicht als
einheitlicher Text verstanden werden. Beginnend mit den bekannten
Pyramidentexten des Alten Reichs, aus der Zeit der fünften und sechsten
Dynastie um rund 2500 vor Christus, wurden vor allem im Neuen Reich sehr
zahlreiche Totentexte
mit Zaubersprüchen und Beschwörungsformeln verfasst. Schriften dieser
Art fanden sich seit der glänzenden Ära der 18. Dynastie bei den Mumien
von Pharaonen, auch an derjenigen Tutanchamuns. Allerdings verschwand
ganz offenbar in letzterem Fall ein prachtvoller Papyrus spurlos. Die
Hintergründe scheinen geheimnisvoll. Und später beklagten Ägyptologen
trotz des grandiosen und einzigartigen Grabschatzes, dass keinerlei
schriftliche Aufzeichnungen in dem Grab gefunden wurden, die den
Wissenschaftlern weiteren Aufschluss über das Leben in jener Zeit hätten
vermitteln können.
John Taylor wird nun seinerseits versuchen, die bislang unbekannten
Totentexte Amenhoteps zusammenzustellen und das Material auch digital zu
sichern. Die Vorbereitungen zur Queensland-Ausstellung haben jedenfalls
zu einer faszinierenden Entdeckung geführt. Das Museum selbst zeigt nun
Exponate des Britischen Museums, darunter gut erhaltene Mumien,
Sarkophage und Statuen.
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