Montag, 30. Juli 2012

Bulb Fiction: Das Komplott gegen die Glühbirne

Gerhard Wisnewski

Dass das Glühbirnenverbot der EU auf dubiosen Machenschaften von selbsternannten Umweltschützern und Lampenkonzernen beruht, hat wohl jeder schon mal gehört. Aber noch niemand hat es so lückenlos bewiesen wie Christoph Mayr in seinem aufsehenerregenden Dokumentarfilm Bulb Fiction. Die gute Nachricht: Es gibt ihn jetzt auch auf DVD.

Berlin im Jahr 2007, irgendwo vor dem Brandenburger Tor: Eine Walze mit der Aufschrift »Greenpeace rollt über einen Berg aus 10.000 Glühbirnen. In kurzen Abständen hört man das trockene Ploppen der kleinen Glaskolben. Diese »Dinger« seien wirklich »sehr, sehr schlecht für das Klima« und müssten deshalb aus den Regalen verschwinden, erläutert dazu eine junge Blondine im Brustton des modernen Gutmenschen. Allerdings ist »gut gemeint« häufig das Gegenteil von gut, wie schon Kurt Tucholsky bemerkte.


Die Wahrheit ist: Offensichtlich ist auch bei »Glüh-Peace« schon der eine oder andere Draht durchgeschmort. Aus dem harmlosen »Plop« der Glühbirnen könnte einer der größten Flops der Umweltorganisation werden. Denn wie manche schon wissen, sieht die Wirklichkeit ganz anders aus: In Wirklichkeit vernichteten Greenpeace und anschließend die EU mit ihrem Glühlampenverbot keinen »Klimakiller«, sondern den unkompliziertesten und umweltfreundlichsten Leuchtkörper, den es je gab: »Die Einfachheit und Eleganz der Glühlampe ist bis heute unübertroffen: Eine Fassung aus Blech, ein glühender Wolframdraht, ein vakuumierter oder mit Schutzgas gefüllter Glaskolben – fertig«, heißt es auf der Webseite von Bulb Fiction, der jetzt auch als DVD erhältlich ist.



Greenpeace kämpft gegen den »Klimakiller«

Mit der so genannten »Energiesparlampe«, erfährt man auf der spannenden Scheibe, hätten die »Umweltschützer« die Walzen-Aktion gar nicht durchführen können, weil dabei jede Menge Giftstoffe wie beispielsweise Quecksilber frei geworden wären: »Das Quecksilber, das in 10.000 Kompaktleuchtstofflampen enthalten ist, reicht aus, um 50 Millionen Liter Trinkwasser zu verseuchen – abgesehen von der akuten Gesundheitsgefährdung für Aktivisten und Zuschauer.«

Lobbyarbeit gegen die Glühlampe

Aber Greenpeace hat nicht nur ein paar Tausend Glühbirnen überrollt, sondern auch kräftig Lobbyarbeit gegen die harmlose Glühlampe betrieben. »Warum Greenpeace gemeinsam mit der Lampenindustrie in Brüssel erheblichen Druck gemacht hat, um die Glühlampe verbieten zu lassen«, ist die große Frage, der in Bulb Fiction nachgegangen wird. Zusammen mit der Leuchtenindustrie haben die Aktivisten von Greenpeace jedenfalls ganze Arbeit geleistet: Seit September 2009 sind Glühlampen mit 100 Watt und darüber verboten, seit September 2011 verschwinden allmählich die 60-Watt-Lampen, und ab 1. September 2012 soll mit der Glühlampe endgültig Schluss sein: »Dann  gibt es EU-weit keine einzige Glühlampe mehr zu kaufen«, so der Film. Wenn also auch Ihr Wohnzimmer nur noch von einem kalten Glimmen erleuchtet wird, haben Sie das unter anderem den Aktivisten von Glüh- beziehungsweise Greenpeace zu verdanken.

Aber Bulb Fiction bietet noch viel mehr als die Rekonstruktion der seltsamen Allianz zwischen Lampenherstellern und »Umweltschützern«. Dazu gehört auch schockierendes Material, wie zum Beispiel die Geschichte von dem kleinen Jungen, der nach dem Einatmen der Quecksilberdämpfe einer »Energiesparlampe« sämtliche Haare verlor. Oder die Geschichte von dem Mann, der eine Glühbirne mit einer Lebensdauer von 150.000 Stunden erfand und bald darauf bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Oder die Geschichte von der Recyclinganlage für »Energiesparlampen«, bei der 20 Arbeiter mit Quecksilber verseucht wurden, darunter eine Schwangere. Und, und, und. Über 90 Minuten hinweg verfolgt Bulb Fiction (zu Deutsch etwa: »Glühbirnen-Einbildung«) die Spuren von Lobbyisten, »Umweltschützern« und Unternehmern, die alle nur eins im Sinn hatten: Den Verbrauchern ein billiges und umweltfreundliches Produkt auszureden, um ihnen dafür ein teures und giftiges anzudrehen.

Fundierte Vergleiche

Doch das ist noch nicht alles. Bulb Fiction leuchtet nicht nur die gesammelten Machenschaften rund um das Glühlampenverbot aus, sondern befriedigt auch all jene, die endlich mal einen fundierten Vergleich von Glühbirne und »Energiesparlampe« haben wollten: Wer leuchtet nun eigentlich sparsamer und länger?  Wer verschwendet wirklich Energie und Ressourcen? Wer liefert das bessere Licht? Mit dem Verständnis der physikalischen Zusammenhänge gibt es dabei keinerlei Probleme. Die O-Töne sind klar und einleuchtend, die Grafiken und Bilder anschaulich und leicht verständlich. Bulb Fiction ist jedoch weit mehr als eine Dokumentation über das Verbot der Glühbirne. Wer schon immer mal wissen wollte, wie die europaweite Kumpanei zwischen »Umweltschützern«, Politikern und Konzernen funktioniert, der kommt um diesen Film nicht herum. Denn eins ist sicher: Auf anderen Gebieten funktioniert das ganz genauso.


Bulb Fiction, Dokumentarfilm, 90 Min., Buch und Regie: Christoph Mayr

www.kopp-verlag.de