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Dienstag, 17. Februar 2015

ZDF-Staatsvertrag ist teilweise verfassungswidrig

Verfassungsgericht zum ZDF-Staatsvertrag   Das Bundesverfassungsgericht hat im Streit um den ZDF-Staatsvertrag ein Urteil gesprochen. Demnach ist dieser in großen Teilen verfassungswidrig. Im Verwaltungs- und Fernsehrat muss der Anteil von Politikern nun reduziert werden.

Wie groß darf der Einfluss der Politik auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen sein? Eine Antwort auf diese wichtige Frage hatten die Richter des Bundesverfassungsgerichts zu finden. Am Dienstag wurde in Karlsruhe nun das Urteil verkündet und es dürfte den Klägern gefallen. Wesentliche Teile des ZDF-Staatsvertrages sind nämlich nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, urteilte das Gericht, das den Einfluss von Staat und Parteien auf das ZDF in diesem Zusammenhang deutlich einschränkte. Das ist wohl die wichtigste Botschaft, die vom Urteil der Karlsruher Richter am Vormittag ausgeht.
Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Verfassungsgerichts, wurde in der Urteilsbegründung dann auch recht deutlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk "darf nicht zum Staatsfunk werden", sagte Kirchhof mit Blick auf die im Grundgesetz verankerte freie Berichterstattung der Medien. Das Urteil ist also auch als Misstrauensvotum gegenüber der Politik zu werten, die in der Vergangenheit immer wieder versuchte, ihren Einfluss geltend zu machen. Um genau diesen Einfluss zu reduzieren, muss der Anteil von Politikern und "staatsnahen Personen" von 44 Prozent in den Gremien nun auf ein Drittel reduziert werden, entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag.






Nun drängt die Zeit in den Landesparlamenten: Gemäß des Urteils müssen sich die Bundesländer bis spätestens 30. Juni 2015 um eine verfassungsgemäße Neuregelung kümmern. Darüber hinaus dürfen Politiker bei der Auswahl der aus gesellschaftlichen Gruppen entsandten Mitglieder des Fernsehrates "keinen bestimmenden Einfluss" mehr ausüben. Zuvor hatten die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hamburg gegen die Besetzung des ZDF-Verwaltungsrates geklagt. Vorausgegangen war der Streit um die Causa Brender. Eine CDU-nahe Mehrheit unter dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch hatte im Verwaltungsrat vor fünf Jahren eine Vertragsverlängerung des ehemaligen ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender verhindert - obwohl sich der damalige Intendant Markus Schächter ausdrücklich für Brender ausgesprochen hatte. Brender war bei der Urteilsverkündigung in Karlsruhe anwesend, auch wenn ihn der Richterspruch inzwischen persönlich nicht mehr betrifft. Das Urteil dürfte ihn dennoch zufriedenstellen. "Die Unabhängigkeit des Senders wird von der Politik durch die Besetzung der Aufsichtsgremien beschnitten, zumindest beim ZDF", sagte Brender bereits vor zwei Jahren gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de.


Die Entscheidung stärkt die Unabhängigkeit des ZDF ZDF-Intendant Thomas Bellut

Durch das Urteil sieht sich auch ZDF-Intendant Thomas Bellut bestätigt. "Die Entscheidung stärkt die Unabhängigkeit des ZDF im Interesse der Bürgerinnen und Bürger", sagte er in einer ersten Stellungnahme. "Karlsruhe hat die Bedeutung eines unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks betont. Dabei hat das Gericht die Aufsicht durch gesellschaftliche Gruppen gestärkt. Das ZDF wird die anstehenden Beratungen der Länder zu den erforderlichen Anpassungen des ZDF-Staatsvertrages konstruktiv begleiten." Die Vorgabe der Richter, dass die Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen künftig in anderer Weise benannt werden sollen, entspreche dem Vorschlag, den das ZDF bereits eingebracht habe.

Zudem werde mit der Vorgabe, die Zusammensetzung der gesellschaftlich relevanten Gruppen im Fernsehrat zu überprüfen, ein "entscheidendes Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland weiter entwickelt", erklärte das ZDF. In Zeiten rascher gesellschaftlicher Veränderungen müsse die Auswahl der Gruppen, die die Gesellschaft in Gremien repräsentieren sollen, in einem kontinuierlichen und transparenten Verfahren angepasst werden.

Der ZDF-Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz (CDU) verwies indes auf das "klare Bekenntnis des Verfassungsgerichts zur Binnenkontrolle im öffentlich-rechtlichen Rundfunk". Polenz: "Damit sollten die übergriffigen Versuche der Landesmedienanstalten, sich als Generalkontrolleure des Fernsehens in Deutschland zu positionieren, endgültig vom Tisch sein." Das Urteil gebe den Ländern klare Hinweise nicht nur für die erforderlichen Nachbesserungen des ZDF-Staatsvertrages, sondern auch für die Überprüfung der jeweiligen Landesrundfunkgesetze, die die Arbeit der ARD-Anstalten regeln."
Auch der Verwaltungsratsvorsitzende Kurt Beck (SPD), der sich maßgeblich für die Klage stark gemacht hatte, begrüßte die Entscheidung. "Das Urteil aus Karlsruhe stärkt die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Für die Zukunft wurden vor allem klare Maßstäbe zur Zusammensetzung der Aufsichtsgremien und ihrer Vielfalt gesetzt. Dabei finden sich die Grundstrukturen des Normenkontrollantrages in der Entscheidung wieder. Durch die Frist, die den Ländern bis zum 30. Juni 2015 gegeben wurde, bleiben die Aufsichtsgremien des ZDF arbeitsfähig."
Reporter ohne Grenzen forderte unterdessen die Bundesländer am Dienstag auf, das Urteil zum Anlass für eine umfassende Reform der Aufsichtsgremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu nehmen. "Das Urteil macht deutlich, dass das Gebot der Staatsferne kein abstraktes Ideal ist, sondern konkreter Maßstab für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein muss", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. "Nicht nur beim ZDF, sondern auch bei anderen öffentlich-rechtlichen Sendern muss der Einfluss der Parteien beschnitten werden. Rundfunkaufseher sollten aus der Mitte der Gesellschaft kommen und allein der Öffentlichkeit verpflichtet sein."

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