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Samstag, 24. Januar 2015

Beschwerden im Akkord: Wie eine selbst ernannte Zuschauervertretung ARD und ZDF zusetzt

 VON STEFAN NIGGEMEIER 08.01.2015


Ein Leipziger Verein, der sich "Ständige Publikumskonferenz" nennt, bombardiert ARD und ZDF mit formalen Beschwerden über das Programm. Bemängelt wird vor allem die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt. Die Sender wehren sich gegen die Kritik - und fluchen über die Arbeit, die sie ihnen macht.


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Sonia Mikich ist genervt, und sie gibt sich keine Mühe, das zu verbergen. Sie findet keine versöhnlichen oder selbstkritischen Sätze. Sie sucht sie auch nicht.
Die Chefredakteurin des WDR fühlt sich belästigt von der Arbeit eines Leipziger Vereins, der sich „Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien“nennt. Der hat im vergangenen Jahr 40 förmliche Beschwerden über das Programm von ARD und ZDF eingereicht, rund die Hälfte betrifft den WDR, es geht fast immer um die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt. „Sich damit zu beschäftigen, ist ein enormer Aufwand“, sagt Mikich. „Das hält uns von unserer journalistischen Arbeit ab. Es verunsichert meine Korrespondenten, und das finde ich furchtbar.“
Sie sind es nicht gewohnt, bei ARD und ZDF, dass sich Zuschauer beschweren, also: dass sie nicht nur einen wütenden Brief schreiben, sondern tatsächlich eine formale Programmbeschwerde formulieren. Ein paar Dutzend Beschwerden gehen beim Aufsichtsgremium des ZDF, dem Fernsehrat, jährlich ein.
Maren Müller (großes Foto oben) kichert, wenn sie diese Zahl erwähnt, so abwegig klein erscheint sie ihr. Sie ist die Frau, von der sich Sonia Mikich und einige Kollegen so genervt fühlen.
Maren Müller hat vor einem Jahr nach einer besonders missglückten Sendung „Markus Lanz“ einen Online-Aufruf gegen den ZDF-Moderator gestartet. Die Resonanz war gewaltig. Fast eine Viertelmillion Menschen unterzeichneten die Petition online, die Medien berichteten groß und teilweise empört: Der Herausgeber der „Zeit“, Josef Joffe, sah in ihr eine Parallele zur Juden-Hetze der Nationalsozialisten.
Markus Lanz moderiert immer noch dreimal wöchentlich seine Talkshow im ZDF, aber in gewisser Hinsicht war die Petition ein Erfolg. Lanz hat sich für den Umgang mit seinem Gast Sahra Wagenknecht entschuldigt.
Was Maren Müller aber nachhaltig ärgerte: „Das ZDF hat das als Shitstorm bezeichnet, aber nicht als Beschwerde wahrgenommen. Da haben wir uns gedacht: Dann machen wir das halt in Zukunft anders. Wenn es etwas zu beklagen gibt, beklagen wir es richtig, formal, so wie es in den Gesetzen steht.“
Ende Februar gründete sie mit einigen Freunden und Bekannten aus Leipzig den Verein, den sie „Ständige Publikumskonferenz“ nannten. Die Beschwerden standen am Anfang noch gar nicht im Mittelpunkt. „Das Thema waren eigentlich eher demokratische Mitsprache bei der Umsetzung des Programmauftrages und die Demokratisierung der Gremien.“ Sie wollten Veranstaltungen machen mit Zuschauern, runde Tische organisieren, regionale Publikumskonferenzen in allen Bundesländern.
Aber Maren Müller machte sich auch kundig, las Satzungen, informierte sich über den formellen Weg, Fehler im Programm zu bemängeln. Sie begann, sich richtig zu beschweren. „Was Recht ist, soll Recht bleiben“, sagt sie.
Der Verein wurde eine Anlaufstelle für Leute, die sich über tatsächliche oder vermeintliche Fehler im Programm beschweren, aber ihren Namen nicht irgendwo lesen wollen.
Acht Stunden am Tag investiert Müller inzwischen in die Arbeit. Bis August war sie befristet beim MDR in der Verwaltung beschäftigt, seitdem ist sie arbeitslos. Sie hat sich Mitstreiter und Helfer gesucht, die recherchieren, formulieren, übersetzen. Sie lacht, dass man bei ARD und ZDF die Eingaben, weil sie von ihr unterschrieben sind, fast immer auf ihre Person bezieht und nicht als Auftrags- und Gemeinschaftsarbeit wahrnimmt. „Wenn ich das alles selbst schreiben würde, käme ich überhaupt nicht zum Schlafen.“
Das Thema Ukraine dominiert die Beschwerden. Bemängelt werden grobe Schnitzer und zweifelhafte Spitzfindigkeiten: Fotos, die russische Soldaten in der Ukraine zeigen sollen, aber ganz woanders aufgenommen wurden; die angebliche Verharmlosung rechtsradikaler Kämpfer auf ukrainischer Seite; pauschale Unterstellungen und die Verbreitung von Falschmeldungen; immer wieder Details über einen russischen Hilfskonvoi und die implizite oder explizite Aussage, es seien russische Truppen in der Ukraine, und Russland habe das womöglich sogar eingeräumt.
Immer gehen die behaupteten Fehler in eine Richtung: zu Ungunsten der russischen Seite. - Ist das Ausdruck einer einseitigen Berichterstattung? Oder eines einseitigen Blicks auf die Berichterstattung?
Für die Kritiker von Frau Müller und ihres Vereins, auch in den Sendern, liegt die Antwort auf der Hand. Sie sehen hinter ihrer Beschwerdewut eine politische Agenda, verweisen auf ihre Nähe zur Linkspartei, bei der sie früher Mitglied war, und zu Aktivisten, die eine Antimaidan-Seite auf Facebook betreiben. Auch Petra Kammerevert, SPD-Abgeordnete im Europaparlament und Vorsitzende des Programmausschusses des WDR-Rundfunkrates, sagt: „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Beschwerden auch politisch motiviert sind.“
Müller bestreitet eine solche Nähe und Motivation. Sie findet es auch abwegig, ihr eine besondere Sympathie für die Russen zu unterstellen - im Gegenteil: Sie habe zu DDR-Zeiten eine üble Begegnung mit angetrunkenen russischen Offizieren gehabt. Auch der Verdacht, als Ossi eine „besonders berührende Beziehung zu Russland“ zu haben, sei „völliger Blödsinn“ - die meisten Beschwerden über die Ukraine-Berichterstattung, die sie bekomme, stammten aus Westdeutschland.
Ihr wäre es lieber, sagt sie, wenn das Thema Ukraine die Arbeit des Vereins nicht so dominieren würde. Aber das sei einfach Ausdruck der „Auftragslage“ gewesen. Und zur „Auftragslage“ gehöre auch, dass sich bislang niemand über einen Bericht beschwert habe, weil er zu russlandfreundlich gewesen sei. Sie habe das Thema nun aber vorerst abgewürgt, obwohl immer noch weitere Beschwerden hereinkämen. „Jetzt ist erstmal Pause. Das wird sonst zu einseitig.“
Dabei kann sie sich immer noch in Rage reden. Über diese unterirdische Putin-Satire in „Lisas Welt“ aus dem „Report Mainz“. Über die Meldung, dass Separatisten am Tag des Unabhängigkeitsreferendums „zwei Leute abgeknallt“ hätten, was nicht nur falsch gewesen sei, sondern auch gar keinen Sinn gemacht hätte. Über die beiläufige „Volksverhetzung“ durch pauschale Diffamierung der Separatisten. Über Rolf-Dieter Krauses „Tagesthemen“-Kommentar, dass Putin kein Partner, sondern Gegner sei - „Wenn mir jemand erklärt, wer der Feind ist, werde ich ganz empfindlich; das erinnert mich fast an den Schwarzen Kanal“. Über den ARD-Korrespondenten Udo Lielischkies, dessen Berichte immer wieder Kritik hervorrufen, der neulich wieder erbeutete und ausgebeutete „russische Panzer“ gezeigt habe, die eindeutig als Panzer der ukrainischen Armee zu erkennen gewesen seien. „Was soll man davon halten“, fragt Müller.
Sie hat keine wirkliche Antwort darauf. Sie sagt, sie wolle sich distanzieren von den Wirrköpfen, die der berüchtigte Kopp-Verlag bedient, und der Ton der Auseinandersetzung in Blogs wie der „Propagandaschau“ (für die sie auch gelegentlich schreibt) sei ihr zu hart. Aber sie sagt angesichts der Häufung der Fehler auch, das könne kein Versehen sein. „Was die Ukraine angeht, kann wirklich der Eindruck einer gezielten Manipulation entstehen“, sagt sie. „Die ewige Wiederholung von unbewiesenen Behauptungen, dass Russen angeblich die Grenze übertreten oder den Luftraum verletzt haben, dass Putin einsam beim G20-Treffen sitzt. Immer wieder solcher Blödsinn, immer wieder ohne Beleg. Wenn Udo Lielischkies einen dreiviertelstündigen Film dreht und behauptet, ein Krankentransport sei von den Rebellen unter Feuer genommen worden, und das stimmt nicht - nachweislich nicht -, dann kann man es wirklich Propaganda nennen.“
WDR-Chefredakteurin Mikich weist die Kritik entschieden zurück. „Der Vorwurf, dass wir schlampig arbeiten und nicht ordentlich berichten, ist einfach absurd“, sagt sie. Oft würden mit größter Akribie einzelne Details aus dem Kontext herausgelöst und skandalisiert, obwohl der Spin, der Dreh einer Geschichte, völlig korrekt gewesen sei. „Ich werbe dafür, unsere gesamte Berichterstattung zu sehen. In den Nachrichten, den Magazinen, der Reportagen. Nicht nur einzelne Sequenzen oder Formulierungen, nicht nur den Einzelfall“ - und nicht nur mit dem späteren Wissen um Zusammenhänge, die zum Zeitpunkt der fortwährenden aktuellen Berichterstattung noch gar nicht klar waren.
Tatsächlich verbeißen sich die Profi-Beschwerdeführer regelmäßig in kleinste Details, interpretieren einzelne Aussagen sehr verengt, bewerten Vorgänge als eindeutig, die unübersichtlich waren oder heute noch sind, und unterstellen regelmäßig einen bösen Willen, anstatt die Möglichkeit schlichter Fehler zu akzeptieren.


Sonia Seymour Mikich

„Ich werde doch niemandem verwehren Kritik zu üben, wir kritisieren ja auch“, sagt Mikich, „Skepsis,Selbstreflexion ist gut und richtig. Und wir gehen die Fehler stoisch durch.“ Aber die Methode, mit der sich diese „digitalen Wutbürger“ an der Berichterstattung abarbeiteten, sei nicht hilfreich und lasse sie schon fragen: „Was treibt diese Leute an?“ Für sie steht fest: „Das ist kein Beitrag zur Qualitätssicherung.“
Bei den Auseinandersetzungen zwischen der „Ständigen Publikumskonferenz“ und ARD und ZDF geht es nicht nur um Inhalte, sondern auch um die Form der Kritik. Erstaunlich hilflos und gereizt reagieren die Sender darauf, dass unzufriedene Zuschauer, die sie finanzieren müssen, sich nicht mehr mit der Rolle von Leserbriefschreibern zufrieden geben. Stattdessen versuchen sie, durch das Mittel der Programmbeschwerde und die Dokumentation in der Öffentlichkeit ihrer Kritik maximale Wirkung zu verschaffen.
Früher hätte man sich eins zu eins über eine Kritik ausgetauscht„, sagt Mikich, “es hätte einen Dialog mit der Redaktion gegeben. Ob Mail oder Telefonat oder Brief. Jetzt wird formaler Druck ausgeübt, jetzt kommt der Kritiker gleich mit Anwalt im Schlepptau, alles wird groß gemacht und soll sofort bis ganz oben in die Hierarchien gehen. Ich habe nicht den Eindruck, dass es um faire Auseinandersetzung geht.„ Ein freier Mitarbeiter kümmert sich seit kurzem im Sender um nichts anderes als die Beschwerden. Die Kritik dürfe nicht den Effekt haben, “dass wir lahmgelegt werden".
Dafür, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland mit vielen Milliarden Euro ausgestattet ist, gehört erstaunlich wenig dazu, ihn in die Knie zu zwingen - ein paar überaus penetrante und pingelige Beschwerdeführer scheinen schon zu reichen.
Für Maren Müller ist der heikle Umgang mit den Beschwerden auch Ausdruck einer „mangelnden Fehlerkultur“: „Ein ordentliches Unternehmen hat ein Reklamations- oder Beschwerdemanagement. Damit schafft man sich die besten und treuesten Kunden. Das mündet in ein Qualitätsmanagement. Und genau dort haben ARD und ZDF Defizite.“
Sie sagt, sie verstehe sich auch nicht als Gegner, sondern als Freund des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (worüber nun wiederum Sonia Mikich nur trocken lachen kann). „Ich gucke eigentlich nur öffentlich-rechtlich“, sagt Müller, „das meiste ist ja auch toll. Wir beklagen ja nur einen Bruchteil. Wir werden als Feind wahrgenommen. Das ist aber nicht so.“
Auf die Idee, einmal das Gespräch mit ihr und ihrem Verein zu suchen, sie einzuladen, ihr einen Einblick in die Arbeit zu gewähren und im Gespräch vielleicht auf beiden Seiten Verständnis entstehen zu lassen, scheint bei ARD und ZDF noch niemand gekommen zu sein. Spricht man Sonia Mikich darauf an, lässt sie durchscheinen, dass sie einen solchen Schritt für eine völlig unangemessene Belohnung für Renitenz und Nerverei fände.
Die Reaktionen auf ihre Beschwerden, die offiziellen Antworten, findet Maren Müller oft noch schlimmer als die eigentlichen Anlässe. Die Chefredakteure von ARD-aktuell, Kai Gniffke und Christian Nitsche, sind ein rotes Tuch für sie: „Furchtbar!“ Vor allem vermisst sie, dass einfach Fehler eingeräumt werden. „Die sollen’s zugeben!“, ruft sie. Aber auch in den Fällen, in denen die Senderverantwortlichen im Beschwerdeverfahren Fehler einräumen, gibt sie sich fast nie damit zufrieden, sondern beharrt darauf, das Verfahren bis zum Ende durchzuziehen. „Nach dem Satz ‘Wir haben einen Fehler gemacht’ kommt immer ein Aber“, sagt sie. „Die bräuchten einfach nur zu sagen: Okay, das war falsch, hiermit geben wir Ihrer Beschwerde statt, und dann ist Ruhe.“
Stattdessen erklären die Intendanten auch dann, warum der Fehler nicht so gravierend sei, dass sie der Programmbeschwerde stattgäben. Wenn sich die Beschwerdeführer damit nicht zufrieden geben, landet ihr Fall am Ende bei den Aufsichtsgremien der Sender: den ARD-Rundfunkräten oder dem ZDF-Fernsehrat.
Auch im WDR-Rundfunkrat sieht man die Beschwerdeflut als „große Herausforderung“, wie Petra Kammerevert sagt. Zu den anderen Aufgaben komme das Gremium im Moment kaum noch. „Wir bearbeiten und beraten das mit großer Ernsthaftigkeit. Wir nehmen jede Beschwerde ernst, egal woher sie kommt.“ Allein auf der nächsten Sitzung Ende Januar stehen fünf Beschwerden auf der Tagesordnung, alle von der „Ständigen Publikumskonferenz“. Einige davon hätten längst behandelt worden sein sollen, wurden dann aber aus Zeitmangel verschoben.
Es ist aber jetzt schon abzusehen, dass die Entscheidungen die Beschwerdeführer nicht glücklich machen werden, denn die Schwelle für die Zustimmung zu einer Programmbeschwerde liegt hoch. „Fehler passieren natürlich, aber für eine formale Beschwerde müssen Programmgrundsätze verletzt worden sein. Da geht es nicht nur um einfache Fehler.“ Kammerevert sieht das Problem, dass eine Beschwerde, der der Rundfunkrat beitritt, erhebliche Folgen für die betroffenen Mitarbeiter haben könnten. Andererseits sieht das Verfahren keine Abstufungen vor, dass das Gremium der Kritik eines Beschwerdeführers grundsätzlich zustimmt, aber Programmgrundsätze nicht verletzt wurden; also die Kritik unterhalb der Schwelle bleibt, ab der nach geltendem Recht einer Beschwerde beizutreten wäre. Bei der anstehenden Revision des WDR-Gesetzes könnte es sich lohnen, auch über solche Abstufungen nachzudenken.
Der Fernsehrat des ZDF hat in einem ersten Rutsch in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten alle Beschwerden abgelehnt. Damit ist dann auch jeweils die Sache für Maren Müller erledigt. „Im Prinzip ist dann alles gesagt“, meint sie. „Wenn der Rundfunkrat nicht auf der Seite des Publikums steht, ist alles gesagt.“
Auf der Seite des Publikums. Oder dessen selbsternannter ständiger Konferenz.

Dokumentation: Die Beschwerden der „Ständigen Publikumskonferenz“

Anlass: Ilka Brecht sagt in einer Moderation, „die Separatisten“ hätten „ihr wahres Gesicht bei den Plünderungen auf dem Trümmerfeld der MH17 gezeigt“.
Beschwerde: Die Behauptung sei unbewiesen und stelle zudem eine unseriöse Verallgemeinerung und Hetze dar.
Antwort ZDF: Ilka Brecht habe in ihrer Moderation beide Seiten kritisiert; aber auch der einzelne Satz sei durch Fakten gedeckt.
Stand: Fernsehrat weist Beschwerde am 12.12.2014 als „unbegründet“ zurück.

Anlass: Bericht über russische Truppen, die angeblich auf ukrainischem Boden angetroffen und vernichtet wurden.
Beschwerde: Die Meldungen hätten sich schnell als Falschmeldung entpuppt. Alle (Beleg-)Bilder, die gezeigt wurden, seien nicht auf dem Gebiet der Ukraine entstanden
Antwort ARD-aktuell: Die genauen Vorgänge seien bis heute ungeklärt. Einige Aufnahmen seien auf dem Gebiet der Ukraine entstanden.
Stand: Auf nochmalige Nachfrage wurde die Zuständigkeit vom NDR (wo die „Tagesthemen“ angesiedelt sind) an den WDR (der die Korrespondentin entsandte) abgegeben. Eine Antwort von dort steht aus.

Anlass: Das Thema „Russland auf dem Vormarsch?“ illustriert wdr.de mit einem Foto, das angeblich zeigt, wie „russische Kampfpanzer am 19.08.2014 noch unter Beobachtung von Medienvertretern in der Ukraine fahren“.
Beschwerde: Das Foto ist ein Archivfoto, entstanden im Kaukasus 2008.
Antwort WDR: Der Fehler wird eingeräumt. Die Meldung sei zwischenzeitlich korrigiert worden, die Redaktion habe sich über Twitter entschuldigt. Es habe sich bei dem Fehler aber nur um eine „Unaufmerksamkeit“ gehandelt, insofern liege kein Rechtsverstoß vor. Deshalb werde der Programmbeschwerde nicht stattgegeben.
Stand: Behandlung im Rundfunkrat am 11.12.2014.

Anlass: Die „heute“-Sendung berichtet über ukrainische Freiwilligen-Batallione und zeigt dabei, ohne ausdrücklich darauf einzugehen, Symbole an deren Uniformen wie Hakenkreuz, Wolfsangel und SS-Rune.
Beschwerde: Das ZDF habe unkommentiert verbotene faschistische Symbole gezeigt und dadurch verharmlost.
Antwort ZDF: Das Zeigen solcher Symbole im Rahmen der Berichterstattung über Zeitgeschichte sei zulässig. Der Reporter habe zu diesen Bildern davon gesprochen, dass Hardliner und Freiwilligen-Batallione aus nahezu jedem politischen Spektrum beteiligt seien.
Stand: Fernsehrat weist Beschwerde am 12.12.2014 als „unbegründet“ zurück.

Anlass: In einem Bericht über die „Waffenruhe in der Ostukraine“ und „ukrainische Freiwilligenverbände“ ist das Wappen des Asow-Bataillons mit Wolfsangel und schwarzer Sonne zu sehen. Es ist auch während eines Interviews mit dem Kommandeur des Asow-Bataillons im Bild.
Beschwerde: Verbotene faschistische Symbole seien unkommentiert zur Schau gestellt und seine Träger bewusst verharmlost worden.
Antwort WDR: Das Zeigen solcher Symbole sei bei der Berichterstattung über zeitgeschichtliche Vorgänge erlaubt. Von einer bewussten Verharmlosung der Träger faschistischer Symbole könne keine Rede sein.

Anlass: Caren Miosga sagt in einer Anmoderation, „heute sollen nach ukrainischen Angaben schon wieder russische Panzer und Truppentransporter in die umkämpften Gebiete vorgedrungen sein, um Separatisten zu unterstützen“.
Beschwerde: Es habe sich um eine Falschmeldung gehandelt, die zum Zeitpunkt der Sendung schon von Kiew dementiert worden sei, was auch die Redaktion gewusst habe.
Antwort ARD-aktuell: Die Meldung sei von Kiew nicht „dementiert“, sondern nur nicht bestätigt worden. Außerdem hätten ganz unterschiedliche Quellen an diesem Tag auf eine Präsenz russischer Soldaten in der Ukraine hingedeutet.

Anlass: Die Korrespondentin Katrin Eigendorf berichtet über freiwillige ukrainische Kämpfer gegen Separatisten. Dabei sind auch NS-Symbole auf den Uniformen des Asow-Bataillons zu sehen.
Beschwerde: Jeder Hinweis auf den rechtsradikalen Charakter des Bataillons habe gefehlt. Dessen Mitglieder seien stattdessen zu „Freiheitskämpfern“ stilisiert worden.
Antwort ZDF: Die Symbole seien kaum zu erkennen gewesen. Die Kämpfer seien nicht positiv, sondern als aggressiv dargestellt worden. „Vor dem Hintergrund der aufgeheizten politischen Debatte und um jegliche Missverständnisse zu vermeiden“, habe das ZDF den Beitrag jedoch aus der Mediathek genommen.
Stand: Fernsehrat weist Beschwerde am 12.12.2014 als „unbegründet“ zurück.

Anlass: In einem Interview fragt Caren Miosga den „Spiegel“-Reporter Christian Neef, ob die Menschen in Donezk „immer noch auf der Seite der Separatisten [sind] oder sie längst von den Ukrainern befreit werden [wollen]“. Neef antwortet darauf, wie aus dem online veröffentlichten Original-Interview ersichtlich: „Dass sie von den Ukrainern befreit werden wollen, das glaube ich nun nicht, sie haben nach wie vor eine sehr skeptische Haltung gegenüber Kiew.“ In den „Tagesthemen“ fehlt diese Antwort. Stattdessen antwortet er scheinbar: „Mir fiel ihre skeptische Haltung gegenüber den Rebellen wieder auf.“
Beschwerde: Durch die Kürzung werde Neefs Aussage entstellt. Anstatt von Skepsis beiden Seiten gegenüber sei nur von der Ablehnung der Rebellen die Rede. Das sei manipulativ.
Antwort ARD-aktuell: Das Interview sei nur aus Zeitgründen gekürzt worden. Dass es sich um keinen Manipulationsversuch gehandelt habe, könne man schon aus der Online-Veröffentlichung des ungekürzten Interviews ersehen.

Anlass: In der Berichterstattung über einen russischen Lkw-Konvoi heißt es, dass die Ukraine Russland vorwerfe, damit Militärgüter außer Landes zu schaffen.
Beschwerde: Die OSZE habe zu diesem Zeitpunkt bereits erklärt, dass die Lkw die ukrainisch-russische Grenze mit offenem Laderaum erreicht hätten und damit die Behauptung Kiews widerlegt.
Antwort SWR (für das „Europamagazin“): Die Angaben über angebliche Waffentransporte seien nicht als Tatsache, sondern ausdrücklich als Stellungnahme des ukrainischen Militärs berichtet worden. Die Angaben der OSZE, dass die Lkw leer gewesen seien, sei zu diesem Zeitpunkt noch von keiner Agentur gemeldet worden.
Antwort WDR (für „Tagesschau“, „Tagesthemen“): Die OSZE habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie das Ladegut nicht überprüft habe.

Anlass: Korrespondent Udo Lielischkies begleitet in einer Reportage ukrainische Kämpfer. Das Fernsehteam wird in der Ostukraine eingeschlossen und entkommt unter dramatischen Umständen.
Beschwerde: Die Reportage enthalte zahlreiche Ungereimtheiten. Insbesondere behaupte Lielischkies, dass ein bewilligter Verwundetentransport von den Separatisten beschossen worden sei, obwohl es sich um ukrainische Truppen gehandelt habe, die mit ihren Waffen den Belagerungsring durchbrechen wollten. Außerdem habe es sich bei dem „ARD-Team“ ausschließlich um ukrainische, „embedded“ arbeitende Journalisten gehandelt.
Antwort WDR: Es seien tatsächlich Lkw mit Verwundeten beschossen worden. Die Journalisten seien nicht „embedded“ gewesen.

Anlass: Udo Lielischkies berichtet, dass in Krasnoarmeysk zwei Menschen durch die Separatisten ermordet worden seien.
Beschwerde: Tatsächlich seien ukrainische Soldaten für den Tod der Menschen verantwortlich. Das bestägten viele Berichte im Netz.
Antwort ARD-aktuell: Die „Tagesthemen“ räumen den Fehler ein, entschuldigen sich in der Sendung und ziehen den Bericht zurück.
Stand: Die Beschwerdeführer kritisieren, dass der Lielischkies angeblich erst nach vielen Monaten seinen Fehler bemerkt habe, obwohl es an Hinweisen darauf nicht mangelte. Sie halten die Erklärung für nicht plausibel. Behandlung im Rundfunkrat am 23.01.2015.

Anlass: Korrespondentin Anne Gellinek berichtet, dass in Krasnoarmeysk prorussische Bewaffnete versucht hätten, das Referendum zu stören, indem sie das Wahllokal besetzen. Bei einem Schusswechsel sei ein Mann getötet worden.
Beschwerde: Es seien nicht prorussische Separatisten gewesen, die das Referendum störten, sondern ukrainische Kämpfer.
Antwort ZDF: Die Bilder seien im „Mittagsmagazin“, anders als in anderen Nachrichtensendungen, versehentlich falsch zugeordnet worden. Der Beitrag sei versehentlich zunächst nicht aus der Mediathek entfernt worden.
Stand: Fernsehrat weist Beschwerde am 12.12.2014 als unbegründet zurück.

Anlass: Der MDR informiert, dass die Herstellungskosten der Übertragung der Gottesdienste bei jeweils knapp 130.000 Euro liegen.
Beschwerde: Warum kostet das so viel?
Antwort MDR: Live-Sendungen sind teuer.

Anlass: Udo Lielischkies berichtet, dass die OSZE bestätigt habe, dass die Ukraine von russischem Staatsgebiet aus mit schwerer Artillerie beschossen werde.
Beschwerde: Die OSZE meine nicht das russische Staatsgebiet, sondern die Grenzregionen der Ukraine.
Antwort WDR: Die OSZE meine das russische Staatsgebiet.

Anlass: In einem Bericht über ein Gesetz, das mehr Autonomierechte für den Osten der Ukraine vorsieht, kommt als Kritiker Oleg Lyashko zu Wort.
Beschwerde: Der Beitrag verschweige, dass Lyashko ein gewalttätiger Rechtsradikaler sei.
Antwort WDR: Es habe sich nur um ein kurzes Statement Lyshkow gehandelt. Eigentlich hätte dabei zu seinem Namen „Radikale Partei“ eingeblendet sein sollen, das sei leider versäumt worden. Stattdessen lautete der Untertitel nur „Abgeordneter Rada“. In Zukunft werde man darauf achten, „die Anhänger des rechten Spektrums der ukrainischen Politik eindeutig einzuführen“.

Anlass: Die USA-Korrespondentin Tina Hassel berichtet, dass der amerikanische Präsident Barack Obama „gern ein UN-Mandat“ für seine Luftangriffe auf Syrien gehabt hätte, dies aber von Russland blockiert worden sei.
Beschwerde: Die USA hätten sich im konkreten Fall gar nicht um ein Mandat des Sicherheitsrates bemüht.
Antwort WDR: Russland habe immer wieder Resolutionsentwürfe, die sich gegen Syrien richteten, verhindert. Deshalb sei klar gewesen, dass ein Versuch chancenlos gewesen wäre.
Stand: Behandlung im Rundfunkrat am 11.12.2014

Anlass: Eine Reporterin sagt, die meisten Pro-Ukrainer seien aus der Rebellenhochburg Donezk geflohen - fast ein Drittel der Bevölkerung.
Beschwerde: Hauptfluchtursache sei laut Flüchtlingskommissariat der UNO nicht die pro-ukrainische Haltung der Menschen, also Repressalien durch die Separatisten, sondern die gefährliche Sicherheitslage wegen des Krieges.
Antwort WDR: Es handele sich nicht um eine „statistisch belegbare Tatsachenbehauptung“, sondern eine „zusammenfassende Gesamteinschätzung“, die allerdings eventuell etwas klarer hätte formuliert werden können.

Anlass: Das WDR-5-Magazin „Politikum“ berichtet über die angebliche Präsenz russischer Truppen in der Ukraine. Online wird ein Foto von Soldaten gezeigt, das den Untertitel trägt: „Angeblich sind bereits mehr als tausend russische Soldaten in der Ukraine.“
Beschwerde: Das Foto, das scheinbar den Einmarsch russischer Truppen belege, sei Monate zuvor auf der Krim entstanden.
Antwort WDR: Schon das Wort „angeblich“ mache deutlich, dass es nicht um den behaupteten Beleg gehe. Der WDR habe die Bildunterschrift aber nachträglich geändert, um klarzumachen, wann das Foto entstanden sei.

Anlass: Die Sendung berichtet über die Kritik von Bundespräsident Gauck an dem russischen Vorgehen gegen die Ukraine. Während der Anmoderation ist großformatig im Hintergrund ein Bild von Panzern zu sehen.
Beschwerde: Das Bild ist sechs Jahre alt und im Kaukasus-Krieg entstanden.
Antwort WDR: Das Verwendung des Fotos sei „journalistisch nicht vertretbar“ gewesen. Es sei aber auch nur als „allgemeines Themenbild“ eingesetzt worden, auf das nicht konkret Bezug genommen wurde.

Anlass: Im Online-Auftritt zur Sendung „Aktuelle Stunde“ ist das Thema „Russische Soldaten in Ukraine?“ mit einem Foto von Soldaten bebildert.
Beschwerde: Das Foto, das scheinbar den Einmarsch russischer Truppen belege, sei Monate zuvor auf der Krim entstanden.
Antwort WDR: Das Verwendung des Fotos sei „journalistisch nicht vertretbar“ gewesen. Wer aber darauf klickte, sei zum Beitrag aus der Sendung gelangt, in der die unklare Beweislage ausdrücklich thematisiert worden sei.

Anlass: Die „Tagesthemen“ berichten, dass die russischen Lkw der ersten Hilfslieferung nahezu unkontrolliert in die Ukraine eingefahren seien.
Beschwerde: Diese Behauptung sei falsch. Der Konvoi sei von der Ukraine, vom Roten Kreuz und von westlichen und russischen Journalisten überprüft worden. Ergebnis: Es habe sich um Hilfsgüter gehandelt.
Antwort WDR: Nach Angaben der OSZE sei nur ein kleiner Teil der Lkw kontrolliert worden. Die Ukraine habe den Konvoi nicht selbst kontrolliert, Journalisten hätten nur wenige Stichproben machen können. Die Aussage, der Großteil der Lastwagen habe unkontrolliert die Grenze passiert, sei deshalb richtig.

Anlass: In einem Bericht über die UN-Vollversammlung heißt es, der deutsche Außenminister Steinmeier habe gesagt, Russland habe seine Truppen zurückgezogen, und es werde über die Einrichtung einer entmilitarisierten Pufferzone verhandelt. Der russische Außenminister Lawrow habe dazu gesagt, Russland sei zum Interessenausgleich, zu Kompromissen und Konzessionen bereit.
Beschwerde: Steinmeier habe sich in seiner Rede vor der Vollversammlung nicht so geäußert. Deshalb könne sich der russische Außenminister natürlich auch nicht darauf beziehen. Seine Äußerungen seien aus dem Zusammenhang gerissen, um den - falschen - Eindruck zu erwecken, er habe zugegeben, dass Russland sich militärisch am Ukraine-Konflikt beteilige.
Antwort WDR: Die Äußerungen Steinmeiers seien nicht in seiner Rede gefallen, sondern in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten - das deutlich zu machen, wäre „hilfreich“ gewesen. Mit dem „Rückzug“ der russischen Truppen sei kein Rückzug aus der Ukraine gemeint. Die Äußerungen Lawrows seien nicht aus dem Zusammenhang gerissen, sondern bezögen sich auf die Minsker Verhandlungen, in denen es auch um die Einrichtung einer Pufferzone ging.

Anlass: Der WDR entfernt einen irreführenden Text und Symbolbild zur angeblichen Präsenz russischer Truppen in der Ukraine.
Beschwerde: Die Veränderungen seien nicht transparent vorgenommen worden.
Antwort WDR: In Zukunft werde man nachträgliche Änderungen entsprechend kenntlich machen. Es habe sich jedoch nicht um einen Vertuschungsversuch gehandelt, sondern Änderungen zur „vorsorglichen Klarstellung“.

Anlass: Im Online-Angebot zu den Nachrichten von WDR 3, WDR 4 und WDR 5 heißt es, Russland sei der Aufforderung des Westens nach eigenen Angaben gefolgt und habe damit begonnen, seine Soldaten aus dem (ukrainischen) Kampfgebiet zurückzuziehen.
Beschwerde: Die russischen Soldaten hätten sich nicht im Kampfgebiet in der Ostukraine befunden, sondern an der Grenze zur Ukraine. Russland habe auch nicht behauptet, den Forderungen des Westens nachgekommen zu sein. Später sei die Meldung korrigiert worden, ohne die Änderungen transparent zu machen.
Antwort WDR: Tatsächlich sei die ursprüngliche Meldung, die um 4 Uhr morgens im Radio lief, fehlerhaft gewesen, und die Korrektur wäre besser kenntlich gemacht worden. In Zukunft wolle der Sender verstärkt auf transparente Änderungen achten.

Anlass: Das Online-Angebot meldet den Verdacht, dass ein russischer Konvoi eine frühere Abmachung umgehen wolle, Hilfslieferungen über einen von der Ukraine kontrollierten Grenzübergang zu bringen, wo sie vom Roten Kreuz kontrolliert werden sollten. Stattdessen würden die Lastwagen höchstwahrscheinlich in der Region Lugansk in die Ukraine fahren.
Beschwerde: Die Änderung der Route habe einer Forderung Kiews entsprechen und sei keine (böse) Absicht Russlands gewesen.
Antwort ARD-aktuell: Die Nachrichtenlage sei außerordentlich unübersichtlich und unklar gewesen. Die Formulierung sei eine mögliche Deutung des Geschehens gewesen, was durch den Konjunktiv („So könnte Russland umgehen wollen“) deutlich gemacht worden sei.
Anlass: Die Nachrichtensendung berichtet über eine Rede von Gregor Gysi im Bundestag und gibt seine Äußerungen so wieder: „Seine (Gysis) Forderung: Die Bundesregierung müsse ihren harten Kurs aufgeben. Schließlich habe sich Russland in Minsk bereit erklärt, Waffen aus der umkämpften Region abzuziehen.“
Beschwerde: Gysi habe sich so nicht geäußert. Die Minsker Vereinbarung sei zwischen den beiden Kriegsparteien Kiew und prorussischen Separatisten getroffen worden; Russland sei dabei bloß als Vermittler aufgetreten.
Antwort SWR: Der Autor des Beitrags räumt ein, dass die Formulierung „missverständlich“ gewesen sei. Für eine Entschuldigung oder Richtigstellung bestehe aber kein Anlass.
Anlass: Korrespondent Udo Lielischkies wirft Russland vor, sich durch die Änderung der Route eines Lkw-Konvois gegen eine „friedliche Variante“ entschieden zu haben…
Beschwerde: Die Routenänderung sei eine Forderung Kiews gewesen. Lielischkies stelle die Vorgänge falsch dar.
Antwort WDR: (nicht veröffentlicht)

Anlass: Nach einem Gespräch zwischen Putin und Merkel berichtet der Reporter: „Es ging inhaltlich vor allem um die Umsetzung dieses Minsker Friedensplans, der ja gelten soll, und hier ist der zentrale Punkt der Abzug russischer Soldaten und prorussischer Kämpfer entlang der Grenze. Die NATO sieht hier bislang keinerlei Truppenbewegung, obwohl Putin gesagt hat, dass der Abzug längst begonnen hat.“
Beschwerde: Beim Minsker Friedensplan sei es nicht um einen Abzug russischer Soldaten von der Grenze gegangen.
Antwort ZDF: Das Abkommen von Minsk enthalte „zahlreiche unscharfe Formulierungen“. Der Westen sehe es erst dann als erfüllt, wenn auch russische Soldaten von der Grenze abgezogen wurden. Darauf beziehe sich die Aussage des Korrespondenten.

Anlass: Korrespondent Udo Lielischkies berichtet über die „bange Frage“, welche Route der russische Hilfskonvoi nehme und sieht in einer möglichen Änderung über ein von Separatisten kontrolliertes Gebiet eine mögliche „neue Provokation“ Russlands.
Beschwerde: Die Routenänderung sei eine Forderung Kiews gewesen. Lielischkies stelle die Vorgänge falsch dar.
Antwort WDR: Zum Zeitpunkt der Sendung sei nicht klar gewesen, welche Route der Konvoi nehmen würde oder sollte.

Anlass: In einem Bericht wird Premier Camerons Forderung zitiert, Putin solle die russischen Truppen aus der Ukraine abziehen. Im Anschluss sagt ARD-Korrespondent Rolf Dieter Krause: „Im Prinzip zeigte sich Putin dafür offen, im Detail allerdings zugeknöpft.“
Beschwerde: Die Formulierung, insbesondere das Wort „dafür“ suggeriere (erneut), das Russland zugegeben habe, Truppen in der Ukraine zu haben.
Antwort WDR: Krauses Formulierung beziehe sich „auf den Gesamtzusammenhang der andauernden Verhandlungen: in dem Sinne, dass Putin generell zum Minsker Abkommen steht, aber dass die konkrete Umsetzung mehr als zögerlich vonstatten geht“. Von einer Falschaussage könne keine Rede sein.

Anlass: Die Sendung berichtet, eingeleitet von dem Satz „Ukraine setzt Westkurs fort“, über die letzte Sitzung des ukrainischen Parlamentes vor den Wahlen und ein Gesetz gegen Korruption.
Beschwerde: Der Korrespondentenbericht ignoriere das Meer aus Fahnen der rechtsradikalen Swoboda-Partei vor dem Parlament. Die Nachrichten hätten verschwiegen, dass es zu wütenden Demonstrationen von Swoboda und Rechtem Sektor und Krawallen gekommen sei, weil das Parlament es mehrheitlich abgelehnt habe, umstrittene Partisanengruppen, die im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis zusammenarbeiteten, zu Nationalhelden zu erklären.
Antwort WDR: Die „Tagesschau“-Redaktion müsse aufgrund der begrenzten Zeit auswählen und habe andere Themen an diesem Tag für bedeutender gehalten als die Krawalle in Kiew. Auf tagesschau.de sei berichtet worden.

Anlass: Korrespondentin Katrin Eigendorf berichtet live aus der ostukrainischen Stadt Mariupol und schildert einen angeblich gerade erfolgenden Angriff russischer Truppen auf einen Checkpoint. Später schildert sie, dass man hinter ihr sehen könne, wie sich die ukrainische Armee positioniert habe.
Beschwerde: Es fehle jeder Beleg dafür, dass es sich um russische Truppen handele. An der Stelle, an der die ukrainische Armee zu sehen sein soll, wehe in Wahrheit die Wolfsangel-Flagge des Asow-Bataillons, ohne dass Eigendorf auf dessen rechtsradikalen Charakter eingehe.
Antwort ZDF: Keine Antwort des Intendanten, sondern nur eine ausweichende Erklärung der Zuschauerredaktion. Die Panzer des Asow-Bataillons, vor die sich die Korrespondentin gestellt hat, seien nicht bewusst als Hintergrund ausgewählt, das Wolfsangel-Symbol nicht zur Schau gestellt worden.

Anlass: Die Sender beenden Fernsehfilmen und Serien regelmäßig ohne regulären Abspann.
Beschwerde: Das sei „asozial“, weil es weder Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Filmemacher noch auf die des Publikums nehme.
Antwort ARD: Die wenigsten Zuschauer sähen den Abspann eines Films bis zum Schluss an, weil sie währenddessen umschalten.
Antwort ZDF: Die Kürzung sei „eine unserem Ablauf und der Zuschauerbindung geschuldete Notwendigkeit“.

Anlass: Der Deutschlandfunk fasst Äußerungen Putins bei einem Treffen mit russischen Historikern so zusammen: „Der Hitler-Stalin-Pakt von 1939 war in Ordnung, findet der russische Präsident Wladimir Putin. Und Polen sei letztlich selbst verantwortlich gewesen für die Teilung des Landes zwischen NS-Deutschland und der Sowjetunion.“ Er zitiert ihn mit den Worten: „Polen selbst an Teilung schuld.“
Beschwerde: Die Deutungen seien grob irreführend; das auf Polen bezogene Zitat sei in keiner Weise gefallen.
Antwort Deutschlandfunk: Die Schilderung der Fakten sei zutreffend und fair, die Interpretationen nicht überzogen.

Anlass: Nach einen Vorfall, bei dem Gregor Gysi im Bundestag bis auf die Toilette verfolgt wird, berichten die „Tagesthemen“ über den Aktivisten Max Blumenthal, spricht von seiner „antisemitischen Gedankenwelt“ und bringt ein Zitat von ihm „zur israelischen Politik“: „Jeder Deutsche sollte sich fragen, ob eine solche Politik dazu angetan ist, des Holocausts zu gedenken.“
Beschwerde: Der Beitrag verschweige, dass Blumenthal jüdischen Glaubens ist. Das Zitat beziehe sich nicht auf die israelische Politik, sondern auf die deutsche Regierungspolitik gegenüber Israel und den Palästinensern und sei aus dem Kontext gerissen.
Antwort ARD: steht noch aus.

Anlass: In einem Beitrag „Lemberg kämpft für mehr Europa“ wird der 90-jährige Ivan Mamschtur als ehemaliger KGB-Häftling vorgestellt wird. Über ein Denkmal zu Ehren Stephan Banderas heißt es: „Er hat mit den Nazis paktiert gegen die Sowjets mit dem Ziel der Freiheit für sein Volk.“
Beschwerde: Der Beitrag verschweige, dass Mamschtur Veteran der Waffen-SS Galizien war. In Bezug auf den Faschisten Banderas werde die Kollabaroration mit den Nazis als Kampf für die Freiheit des ukrainischen Volkes verherrlicht
Antwort ZDF: steht noch aus.

Anlass: In der Trickreihe „Lisas Welt“, die in Form einer Kindererzählung das Zeitgeschehen satirisch kommentiert, geht es um einen „Putin-Erklärer“: „Also, der Putin ist der König der Taiga und der braucht mächtig viel Platz. Weil so ein Putin ist schnell. Der kann in zwei Wochen in Kiew sein! Als Alphatier hat der Putin keine natürlichen Feinde. Weil er die alle gefressen hat. … Wenn ein Putin sich bedroht fühlt, wird der unberechenbar. Dann taucht der auf einmal in Regionen auf, wo er gar nicht heimisch ist. Und alle kriegen Angst vor ihm. Nur weil seine engagierten Freunde dafür sorgen, dass er sich auch in seinem neuen Revier richtig wohl fühlt! Und ihn kein Fluglärm stört. Dabei sucht der putzige Putin doch nur nach einem Platz zum Überwintern! Und wer weiß, wenn sich noch mehr Menschen für den Putin engagieren, ist er vielleicht schon bald wieder in ganz Europa zu Hause!“
Beschwerde: Es handele sich um „Volksverhetzung“. Die Satire sei geschichtsvergessen, zutiefst demagogisch und verletze verfassungsmäßige Werte.
Antwort SWR: steht noch aus.

Aufmacherfoto: Susanne Friedrich
Nachtrag/Korrektur: Ich hatte einmal „Ständiger Publikumsrat“ geschrieben, einmal „Ständige Programmkonferenz“. Richtig ist ausschließlich: „Ständige Publikumskonferenz“.
Der Text wurde gesprochen von Alexander Hertel von detektor.fm





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