Quelle: AKTEAQ
"Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir!"
Jeder kennt
diesen erbaulichen Spruch, der jedoch ursprünglich ganz anders lautet:
"Nicht für das Leben, fur die Schule lernen wir" - ein Stoßseufzer
Senecas über all das überflüssige Wissen, mit dem sich der Mensch
vollstopft.
Er wird dadurch zwar gelehrt, aber kein tüchtiger
Mensch, der mit seinem Leben zufrieden sein kann. Das lernt er nur mit
Hilfe der Philosophie; diese darf sich aber nicht in engen
Schulmeinungen und spitzfindigen Definitionen erschöpfen, sie muss
Seelenheilkunde sein. Der Philosoph ist ein Arzt fur die Seele. Wie kann
er aber in den verschiedenartigen Nöten des Daseins den Menschen helfen
- wenn jemand an Armut, Krankheit, Unterdrückung, Kummer leidet?
Der
Philosoph vermag keine Wunder zu tun, aber er kann dem Betroffenen zur
richtigen Einstellung gegenüber dem Leben verhelfen, und damit wird
dieser auch mit seiner speziellen Lebenssituation besser umgehen können.
Das lehrte besonders die Philosophie, der sich Seneca verschrieben
hatte, die Stoa. "In Übereinstimmung mit der Natur leben", lautete die
zentrale Formel der Stoiker. Die Natur (physis) umfasst das gesamte
Universum, das von einem göttlichen Prinzip, dem logos, der
"Weltvernunft", durchdrungen ist. Auch der Mensch hat in sich einen Keim
dieser göttlich-kosmischen Vernunft, den es weiterzuentwickeln gilt.
Dazu muss man in seinem Tun und Denken nach dem Zustand der apatheia
streben, der inneren Unabhängigkeit und Freiheit, um so die "stoische
Ruhe" zu gewinnen.
Darin besteht das Glück, die eudaimonia. Eine realistische Definition dieses von allen Menschen erwünschten Zustands:
Ändern
kann man das Schicksal nicht; man muss es, da es in Verbindung steht
mit dem göttlichen Prinzip, bejahen und dazu alle störenden Elemente
ausschalten, wie vor allem die Affekte. Zorn, Herrschsucht, Habgier,
Neid, Eifersucht, aber auch übermäßige Trauer, Neigung zu Kummer und
Schwarzseherei sind Hindernisse auf dem Weg zur Tugend (virtus), zur
inneren Vollkommenheit. Die höchste Stufe dieser Tugend kann nur der
Weise erreichen, der nach strenger stoischer Auffassung ein Ideal,
nämlich das des Ausnahmemenschen anstrebt.
Doch danach streben kann jeder, und er wird merken, dass er dabei freier und damit auch zufriedener, ja glücklicher wird!
Lucius
Annaeus Seneca, genannt Seneca der Jüngere (* etwa im Jahre 1 in
Corduba; † 65 n. Chr. in der Nähe Roms), war ein römischer Philosoph,
Dramatiker, Naturforscher, Staatsmann und als Stoiker einer der
meistgelesenen Schriftsteller seiner Zeit. Seine Reden, die ihn bekannt
gemacht haben, sind verloren gegangen. Vom Jahr 49 an war er der
maßgebliche Erzieher des späteren Kaisers Nero. Um diesen auf seine
künftigen Aufgaben vorzubereiten, verfasste er eine Denkschrift darüber,
warum es weise sei, als Herrscher Milde walten zu lassen (de
clementia).
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