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Mittwoch, 27. Juni 2012

Vom Geheimdienst infiltriert«: Der Fall Amnesty International

Gerhard Wisnewski

»Erst kommt Amnesty, dann kommt die NATO« – wer einen Krieg führen will, für den sind Menschenrechtsorganisationen genauso unentbehrlich wie Medien. Die »Menschenrechtler« liefern die psychologische Munition für den nächsten Krieg und verpassen der Propaganda einen seriösen Anstrich. Was direkt zu der Frage führt: Wer sind eigentlich die »Menschenrechtsorganisationen«? Nehmen wir einmal den Fall Amnesty International...


Der Bericht ist alarmierend: »Amnesty dokumentiert syrische Kriegsverbrechen«, konnte man am 14. Juni 2012 in den Medien lesen. Auf 69 Seiten dokumentierte Amnesty International »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« und  »Gräueltaten in Syrien« (Stern Online, 14.6.2012). Veröffentlicht wurde der Bericht von Amnestys Internationalem Sekretariat in London. Und tatsächlich: Wer den Amnesty-Report liest, könnte glauben, auf syrischem Boden seien Sodom und Gomorrha wieder erstanden. Demnach verschleppen die syrischen Truppen »systematisch Männer aus ihren Häusern, um sie gemeinsam zu exekutieren«. Haus und Eigentum würden »kaltblütig verbrannt und manchmal auch die Leichen der Getöteten«. Natürlich schießen die Syrer auch »rücksichtslos in Wohngebiete und töten und verletzen Männer, Frauen und Kinder«. Routinemäßige Folter? Sowieso. Und zwar an Gefangenen – »manchmal bis zum Tode«. Die westlichen Medien nutzten den Bericht zu einer Kampagne gegen Syrien. In der Folge wurden die Stimmen für einen Krieg immer lauter.



Von Anfang an mit von der Lügenpartie
Woran sich natürlich keiner mehr erinnert: Es gab schon mal so einen Amnesty-Bericht. Nur stand damals nicht Syrien auf der US-Speisekarte, sondern der Irak. Am 2. August 1990 hatten Truppen Saddam Husseins Kuwait besetzt. Kurz darauf verbreitete die US-PR-Agentur Hill & Knowlton eine frei erfundene Lügengeschichte. Danach hatten irakische Soldaten in kuwaitischen Krankenhäusern angeblich Babys aus den Brutkästen gerissen und auf den Boden geworfen. Die Mär führte direkt zum Eintritt der USA in den Krieg gegen den Irak – zur »Befreiung« Kuwaits. Was keiner mehr weiß: Amnesty International (AI) war von Anfang an mit von der Lügen-Partie. Am 19. Dezember 1990 veröffentlichte Amnesty einen 82-seitigen Bericht über Menschenrechtsverletzungen in Kuwait, in dem auch die Brutkastenlüge vorkam. Prompt wedelte im Fernsehen ausgerechnet einer der schlimmsten Kriegstreiber aller Zeiten mit dem Bericht herum: US-Präsident George Bush senior. Eine denkwürdige Allianz. Wenig später, am 12. Januar 1991, stimmte der US-Kongress für den Krieg gegen den Irak.

Amnesty-Bericht: »Schlampig und ungenau«
Ein ehemaliges Vorstandsmitglied von Amnesty USA, der Rechtsprofessor Francis Boyle, erinnert sich in einem Interview wie folgt: »Ich  bekam damals einen Vorabdruck des Berichts über die irakische Invasion von Kuwait. Ich las ihn mir sofort durch. Er war schlampig und ungenau, selbst wenn es um das anwendbare Recht ging. Ich hatte den Eindruck, dass er nicht durch die normalen Qualitätskontrollen gegangen war.«

Wenn man es mit einem Menschenrechtsproblem in einem Land zu tun habe, »das mit den USA oder Großbritannien im Streit liegt«, bekomme es bei Amnesty eine Menge Aufmerksamkeit, so Boyle weiter: »Aber wenn man es mit Menschenrechtsverletzungen durch die USA, Großbritannien oder Israel zu tun hat, dann ist es so mühsam, als ob man einen Zahn ziehen müsste. Vielleicht tun sie etwas – aber nur sehr zögerlich und nach enormem inneren Druck, Kämpfen, Schlachten, was auch immer. Aber es ist nicht gerade die offizielle Feindes-Liste.«

Die Sache mit den Babys, die aus den Brutkästen geworfen worden seien, sei ihm schon damals sehr sensationell erschienen, so Boyle. Deswegen habe er versucht, den Bericht für eine Überprüfung zurückzuhalten und habe auch ein weiteres Vorstandsmitglied für dieses Vorgehen gewonnen. »Ich stellte mich auf den Standpunkt, dass die Geschichte mit den Babys absolut sensationsheischend war, in den USA ganz sicher für Kriegstreiberei genutzt werden würde und die Weichen für einen Krieg stellen könnte. Und deshalb hätten wir das wirklich zur Überprüfung zurückziehen sollen. Aber sie taten es nicht. Es befand sich auf der Überholspur in London, also nicht bei AI USA, sondern in London. Und sie drückten es durch. Es war ihnen egal. Schließlich bat ich darum, wenigstens ein Erratum der offensichtlichen Fehler zu veröffentlichen. Auch das lehnten sie ab. Schließlich veröffentlichten sie den Bericht, und Sie wissen, welche schrecklichen Auswirkungen das im Hinblick auf Kriegspropaganda hatte. Mehrere von den US-Senatoren, die  für einen Krieg stimmten, sagten, dass der Amnesty-Bericht sie beeinflusst hatte.«

»Führendes Amnesty-Mitglied beim Geheimdienst«
Zwischenzeitlich sei herausgekommen, dass es sich bei der Sache um eine Fabrikation der PR-Agentur Hill & Knowlton gehandelt habe. Beim nächsten Meeting des US-Vorstands von Amnesty habe er eine Untersuchung verlangt. Aber: »Absolut nichts passierte. Es gab nie eine Untersuchung. In London wurde total gemauert. Sie gaben niemals zu, dass sie irgendetwas falsch gemacht hatten. Es gab nie eine Erklärung, es gab nie eine Entschuldigung. Es verschwand im Loch des Vergessens wie in George Orwells 1984. Ich kam zu dem Schluss, dass ein seinerzeit führendes Mitglied von Amnesty International, dessen Namen ich nicht nennen will, ein Agent des britischen Geheimdienstes war. Mein Vorstandskollege, der sich ebenfalls mit der Angelegenheit befasste, kam zu demselben Schluss. Wenn ich mit Leuten zu tun habe, die mit Amnesty in London zusammenarbeiten wollen, sage ich zu ihnen: ›Schauen Sie, sie sind vom Geheimdienst infiltriert. Britisch, vielleicht amerikanisch, ich weiß es nicht. Aber Sie können ihnen keinesfalls trauen.‹«



Zerstörte Fahrzeuge auf dem »Highway of Death«

Mit Amnesty auf den »Highway of Death«
Während des Irakkriegs von 1991 begingen die USA  und ihre Verbündeten Gräueltaten, wie beispielsweise die Bombardierung von fliehenden irakischen Truppen auf der Straße von Kuwait-Stadt nach Basra. »US-Flugzeuge stoppten den Konvoi, indem sie die Fahrzeuge vorne und am Ende zerstörten«, heißt es in einem Bericht des früheren US-Justizministers Ramsey Clark. »Anschließend zerbombten und beschossen sie das Verkehrschaos stundenlang.«

Das amerikanische Massaker an den sich zurückziehenden irakischen Truppen und Zivilisten war zu groß, um unter den Tisch fallen zu können. Die Überreste wurden in Film und Bild festgehalten: »Über 60 Meilen waren mehr als 2.000 Fahrzeuge und Zehntausende von verbrannten und verstümmelten Leichen verstreut«, so der Clark-Report. Zwischen den Militärfahrzeugen sah man zahlreiche Busse und Personenkraftwagen. Die »offenbar schnelle Einäscherung« von menschlichen Körpern spreche für den Einsatz von Napalm, Phosphor und anderen Brandbomben, die durch die Genfer Konvention von 1977 verboten seien. »Dieser massive Angriff wurde durchgeführt, nachdem Saddam Hussein im Einklang mit der UN-Resolution 660 einen vollständigen Truppenabzug aus Kuwait angekündigt hatte. Ein derartiges Massaker an fliehenden irakischen Soldaten verstößt gegen Artikel 3 der Genfer Konvention von 1949, die das Töten von Soldaten verbietet, die ›nicht mehr am Kampf teilnehmen‹.« Es gebe »deutliche Anzeichen, dass viele von den Getöteten palästinensische und kuwaitische Zivilisten waren, die vor den zurückkehrenden kuwaitischen Truppen fliehen wollten«. Insgesamt sollen durch den Beschuss mit Uranmunition während des Irakkriegs außerdem etwa 300 Tonnen abgereichertes Uran in den Boden gelangt sein, die für zahlreiche Missbildungen bei Neugeborenen verantwortlich gemacht werden. Auch über eine halbe Million US-Soldaten soll an den Folgen des Uraneinsatzes erkrankt und 11.000 daran gestorben sein (»Golfkriegssyndrom«).


Zerstörte und verlassene Pkws auf dem »Highway of Death«

Möglich werden solche Gräuel nur durch die vorhergehende totale »Entmenschung« des Gegners, die durch »Menschenrechtsorganisationen« wie Amnesty oder Human Rights Watch besorgt wird. Übrigens: Natürlich habe ich auch Amnesty nach diesen Vorgängen befragt – speziell zu den Vorwürfen seines früheren Vorstandsmitglieds Francis Boyle. Eine Antwort traf allerdings nicht bei mir ein.

Quelle:
www.kopp-verlag.de